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Foto: AP/Lenninhan

Wien – Weder Konjunkturängste noch der Preiskollaps im Rohstoffsektor noch zuletzt der Brexit-Schock konnten die US-Börsen im ersten Halbjahr dauerhaft bremsen. Vielmehr konnte der marktbreite S&P-500-Index zu Wochenbeginn nach einer 14-monatigen Hängepartie die alten Höchststände von Mitte Mai des Vorjahres übertreffen. Seit Jahresbeginn hat das Börsenbarometer trotz aller Turbulenzen rund vier Prozent zugelegt.

Die wiedererlangte Zuversicht der Investoren für die Wall Street erklärt WU-Professor Josef Zechner zum Teil mit der zu erwartenden Rückendeckung durch die Notenbanken: "Die Investoren haben gesehen, dass die Zentralbanken entschlossen eingreifen, wenn es Probleme gibt." Er sieht die Anleger derzeit in einer komfortablen Situation: In den USA gebe es zwar Wachstum – zuletzt wurde eine Steigerung um 2,1 Prozent auf Jahressicht ausgewiesen -, allerdings nicht so stark, dass eine weniger expansive Geldpolitik zu erwarten sei. "Man kann davon ausgehen, dass es in den USA frühestens im Herbst 2017 eine Zinsbewegung nach oben gibt", folgert Zechner, der auch Mitglied der wissenschaftlichen Leitung des Fondsanbieters Spängler Iqam Invest ist.

Mangelnde Alternativen

Unterstützung für US-Aktien komme zudem von den veröffentlichten Daten, sowohl die Volkswirtschaft als auch Unternehmen betreffend – "und die schauen nicht schlecht aus". Zudem habe die Bodenbildung im Rohstoffsektor Firmen aus diesem Bereich unterstützt. Zudem verweist Zechner auf die mangelnden Alternativen angesichts der Niedrigzinsphase, was die Bewertungen von risikobehafteten Anlageklassen wie Aktien nach oben treibe.

Allerdings seien US-Aktien derzeit nicht mehr allzu günstig, weshalb Zechner ihnen im zweiten Halbjahr keine sonderlich großen Kurssprünge zutraut. Vielmehr rechnet er mit einer seitwärts bzw. leicht nach oben gerichteten Entwicklung. Etwas günstiger bewertet sind laut dem WU-Professor hingegen europäische Aktien, die seit Frühjahr 2015 gegenüber der Wall Street deutlich zurückgeblieben sind.

Das Hinterherhinken der Märkte auf dem Alten Kontinent führt er vor allem auf die neu aufgeflammten Sorgen um den Bankenapparat zurück: "Europa ist stark bankendominiert. Wenn man dort Probleme sieht, kommt der ganze Wirtschaftsmotor ins Stottern." Zudem seien die Geldhäuser in den europäischen Aktienindizes hoch gewichtet, was deren Entwicklung entsprechend bremse.

Obwohl auch Europas Börsen zuletzt wieder aufwärts tendierten, liegt etwa der Dax immer noch um fast ein Fünftel unter dem Hoch vom Frühjahr 2015. Der Eurostoxx-50 hat im selben Zeitraum 23 Prozent eingebüßt, beim Wiener Leitindex ATX beläuft sich das Minus auf knappe 20 Prozent. (Alexander Hahn, 15.7.2016)