Die Würfel sind gefallen: Das Höchstgericht entschied am Freitag, dass zwei Bescheide des Finanzministeriums aufgehoben werden.

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Wien/Gumpoldskirchen – Die in Österreich mit der Vergabe von Glücksspiellizenzen befassten Behörden haben ein massives Qualitätsproblem. Vor wenigen Wochen kippte der Verwaltungsgerichtshof einen Bescheid des Landes Niederösterreich, mit dem dem heimischen Glücksspielriesen Novomatic die einzige Landeskonzession für kleines Glücksspiel zuerkannt worden war.

Das Verfahren war grob mangelhaft, konkurrierenden Anbietern wurde die Akteneinsicht verweigert, zudem vermisste das Gericht eine "nachvollziehbare Begründung" im Bescheid.

Schwere Schlappe

Am Freitag fügte der VwGH nun dem Finanzministerium eine schwere Schlappe zu. Wieder geht es um Novomatic. Die im Juni 2014 ausgestellten Bescheide für Spielbanken im Wiener Prater und Bruck/Leitha wurden gekippt. Ein drittes Verfahren – die Stadtcasino Baden AG bekam eine Lizenz für das Palais Schwarzenberg – ist noch anhängig.

Das Höchstgericht bestätigte die schon vom Bundesverwaltungsgericht aufgezeigten gravierenden Verfahrensmängel. Jene Kriterien, die für die Vergabe entscheidend waren, wurden den Bewerbern nicht mitgeteilt. Ein klarer Verstoß gegen das "Transparenzgebot". Und da sich dieser Verfahrensmangel bereits vor der Antragstellung ereignete, muss das komplette Verfahren wiederholt werden.

Verdacht auf Willkür

Ein Schmankerl, das die Überforderung des Ministeriums zeigt: Für das Kriterium "Spielerschutz" waren ursprünglich bis zu 90 Punkte vorgesehen. Im Verfahren konnten dann aber maximal 84 erzielt werden. Schon die Vorinstanz hatte festgestellt, dass die Bewerber nicht ident bewertet wurden, wodurch sich der "Anschein einer willkürlichen Vorgehensweise" nicht vermeiden lasse.

Wie am Freitag bekannt wurde, wurden vom VwGH auch Konzessionen für das kleine Glücksspiel im Burgenland gekippt. Dort war 2013 neben einer Novomatic-Tochter der mit Novomatic verbundene Unternehmer Helmut Polanz sowie die oberösterreichische Excellent Entertainment AG zum Zug gekommen. Aufgehoben wurden die Bescheide nun, weil die Berichte der Bewertungskommission sowie die Zusammensetzung der Kommission von der Akteneinsicht ausgenommen waren.

Kurz vor der Wahl

Den Eindruck der Willkür hinterließ auch die Vergabe in Kärnten. Drei Tage vor der Landtagswahl im März 2013 sprach der damalige freiheitliche Landesrat Kurt Scheuch noch schnell der Novomatic-Tochter Admiral sowie der oberösterreichischen Amatic Lizenzen für kleines Glücksspiel zu. Wegen Verfahrensfehlern wurden 2014 auch diese Bescheide aufgehoben, wobei ein Jahr später still und heimlich wieder die gleichen Anbieter zum Zug kamen.

Übergangsregelung macht es möglich

In Niederösterreich hat man sich trotz der klaren Rechtswidrigkeiten im ersten Bescheid bisher nicht festgelegt, ob man das Verfahren wiederholen wird. Einstellen muss Novomatic dank einer Übergangsregelung den Betrieb im Land freilich nicht, selbiges gilt für das Burgenland.

Das Finanzministerium wiederum ließ am Freitag offen, ob die Kasinolizenzen überhaupt noch mal ausgeschrieben werden – es handle sich um eine Kann- und keine Muss-Bestimmung, hieß es.

Casinos boomen

Novomatic kann dennoch gelassen in die Zukunft blicken. Wie berichtet hält man durchgerechnet bereits 40 Prozent an der Casinos-Austria-Gruppe. Und sofern den Niederösterreichern nicht das Kartellgericht einen Strich durch Rechnung macht, wird diese Beteiligung künftig kräftige Gewinne abwerfen.

Casinos-Chef Karl Stoss erklärte am Freitag, man erwarte heuer ein Rekordergebnis von über 80 Millionen Euro. Die Hälfte kommt vom klassischen Lotto, bereits 20 Prozent liefert der stark wachsende Online-Markt (heuer plus 24 Prozent), für den die Lotterien die einzige legale Lizenz haben. Nicht zuletzt wegen des Verbots des kleinen Glücksspiels in Wien, boomt das Kasino in der Hauptstadt – in den ersten sechs Monaten des Jahres gab es ein Plus von 40 Prozent beim Livegaming. (Günther Oswald, 15.7.2016)