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Menschen versammeln sich in Nizza in Gedenken an die Toten.

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Am Montag soll eine Schweigeminute stattfinden.

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Nizza – Die Ermittler haben noch keinen Nachweis für Verbindungen des Attentäters von Nizza zu Terrororganisationen wie dem "Islamischen Staat" gefunden. "Das ist ein Anschlag, zu dem sich der Islamische Staat bekannt hat", sagte Innenminister Bernard Cazeneuve am Montag dem Radiosender RTL. "Jetzt müssen wir herausfinden, welche Verbindungen es zwischen dem, der diesen abscheulichen Anschlag begangen hat, und den Terrornetzwerken gibt. Und diese Verbindungen wurden bisher von der Untersuchung nicht bewiesen."

Der 31-jährige Mohamed Lahouaiej-Bouhlel war am Donnerstag auf der Strandpromenade von Nizza mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge gerast und hatte 84 Menschen getötet, bevor die Polizei ihn erschoss. Die Vorgehensweise entspreche vollständig den Aufrufen des IS, sagte Cazeneuve: "Man kann nicht ausschließen, dass eine aus dem Gleichgewicht gebrachte und sehr gewalttätige Einzelperson – und es scheint, dass seine Psyche diese Charakterzüge zeigt – sich in einer schnellen Radikalisierung an dieses absolut grauenvolle Verbrechen gemacht hat."

Schnelle Radikalisierung

Die Regierung geht davon aus, dass sich der Attentäter sehr schnell radikalisiert hat und dass er Helfer hatte, die ihn logistisch unterstützten und ihm auch eine Waffe besorgten. Der IS hatte den Anschlag am Samstag für sich beansprucht und den Täter als "Soldaten" des IS bezeichnet. Die Erklärung wird jedoch von Sicherheitsexperten als vage eingeschätzt und enthält offenbar kein Täterwissen.

Mehrere Menschen wurden in Polizeigewahrsam genommen und verhört. Am Sonntagabend saßen sechs Personen aus dem Umfeld des Täters in Gewahrsam, meldete die Nachrichtenagentur AFP. Eine weitere Person wurde wieder auf freien Fuß gesetzt. In diesem Fall sei der Polizeigewahrsam aufgehoben worden, hieß es Montagfrüh aus Justizkreisen. Bereits am Sonntag war bekannt geworden, dass die Ex-Frau des 31-Jährigen wieder freigelassen wurde.

Mehr als 200 Ermittler werteten den SMS-Verkehr des Mannes aus, der am Donnerstagabend mit einem Kühllastwagen in eine Menschenmenge gerast war und von der Polizei am Steuer erschossen wurde. Die Zahl der Toten könnte noch steigen, am Sonntag schwebten immer noch 18 der mehr als 300 Verletzten in Lebensgefahr.

Tatort zuvor erkundet

Nach bisherigen Erkenntnissen hatte der Lieferwagenfahrer die Tat sorgfältig geplant. Den gemieteten Lastwagen habe er bereits am 4. Juli reserviert und am 11. Juli abgeholt, meldete AFP unter Berufung auf Ermittlerkreise. Am Dienstag und Mittwoch darauf habe er den Tatort erkundet.

Unter den Festgenommenen ist laut AFP auch ein albanisches Ehepaar. Der Mann soll dem Tunesier eine Pistole Kaliber 7.65 besorgt haben, mit der dieser auf Polizisten schoss, bevor diese ihn erschossen. In einer kurz vor der Tat verschickten SMS soll er weitere Waffen verlangt haben.

Schweigeminute in Frankreich

Mit einer Schweigeminute hat Frankreich der Opfer des Anschlags gedacht. Am Tatort auf dem berühmten Strandboulevard "Promenade des Anglais" der Mittelmeer-Stadt versammelten sich am Montagmittag tausende Menschen. Der zu der Gedenkfeier angereiste Premierminister Manuel Valls wurden von der Menge ausgebuht, wie der Sender BFMTV berichtete.

Im ganzen Land kam das öffentliche Leben am Montagmittag zum Erliegen, die Kirchenglocken läuteten. Präsident François Hollande hielt im Pariser Innenministerium an der Seite von Vertretern der Sicherheitskräfte inne. Noch bis einschließlich Montag gilt in Frankreich eine dreitägige Staatstrauer.

Hintergrund der Tat

Über das Wochenende hatte sich ein islamistischer Hintergrund der Tat abgezeichnet, nachdem Lahouaiej-Bouhlel zunächst als unreligiös beschrieben worden war. Die Vernehmungen mehrerer Festgenommener deuteten darauf hin, dass er sich vor relativ kurzer Zeit dem radikalen Islam zugewandt habe, meldete AFP. Er habe auch aufgehört, Alkohol zu trinken, berichtete "Le Parisien". Laut anderen Medienberichten leerte er kurz vor der Tat sein Konto und schickte 100.000 Euro an seine Familie in Tunesien. Bei Polizei und Geheimdienst war der Mann nicht als Islamist aktenkundig.

Papst will Angehörige treffen

Papst Franziskus will die Angehörigen der Opfer treffen, sagte der Präsident der Organisation "Französisch-italienische Freundschaft", Paolo Celi, am Sonntag der Nachrichtenagentur Ansa. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht. Nach dem Angelus-Gebet am Sonntag hatte Franziskus auf dem Petersplatz der Opfer gedacht. (APA, red, 18.7.2016)