Wien – Das Versprechen der Öffi-Tarifreformer, Ticketautomaten würden automatisch den billigsten Tarif anbieten, gilt offenbar nicht für alle Arten von Fahrkarten. Herr R. staunte, als sein Einzelfahrtticket von Wiener Neustadt nach Wien-Hauptbahnhof um 70 Cent teurer war als jenes von Frau L., die ihr Ticket vor ihm aus dem Automaten geholt hatte.

Der Preisunterschied ist zwar nicht gravierend, bei Hin- und Rückfahrt und häufigen Fahrten läppert es sich aber zusammen. Um der Sache nachzugehen, wiederholten die beiden den Kaufvorgang an der Fahrscheinmaschine. Da beide eine ÖBB-Vorteilscard (VC) besitzen, kauften sie gleiche Fahrscheine bis zur Stadtgrenze Wien-Liesing. Als Herr R. auf dem Bedienfeld "Vorteilscard Senior" antippt, lichtet sich der Tarifnebel: Pensionisten, die ihre billigere ÖBB-Jahresermäßigungskarte (sie kostet 29 Euro) verwenden, wird ein höherer Fahrpreis verrechnet. Vollpreiszahler mit Vorteilscard Classic (um 99 Euro) zahlen hingegen weniger.

5,30 Euro oder 4,60 Euro

Der Unterschied ist auf dem Fahrschein sichtbar: Das Pensionisten-Ticket um 5,30 Euro ziert der Aufdruck "VOR" für Verkehrsverbund Ostregion während der Kunde mit der ÖBB-Vorteilscard "Classic" ein "Standard-Ticket VC" um 4,60 Euro bekommt.

Zum Nachteil kann die Pensionisten-Vorteilscard auch zwischen Wien und St. Pölten werden, auch sie ist teurer als ein Standard-Vorteilscard-Ticket, kostet 6,60 statt 5,10 Euro. Führe eine Seniorin wöchentlich Wien–Aspang–Wien (Mehrkosten von 4,40 Euro), summierte sich das jährlich auf 200 Euro, also zwei Vollpreis-Vorteilscards.

Mehr Angebot

VOR-Sprecher Georg Huemer lässt den Vorwurf "Nachteilscard-Ticket" nicht gelten. Die Mehrkosten des Seniorentickets seien durch mehr Angebot gedeckt, die Kernzone Wien sei inkludiert und der Stadtverkehr in Sankt Pölten oder Wiener Neustadt. Auflösen könne man den Widerspruch nicht, denn die ÖBB unterlaufe bei manchen Aktionspreisen mit ihrem Haustarif die Tarifexklusivität des VOR-Verbunds.

Der ÖBB-Vorteilscard-Classic-Tarif sei anders, sagt ÖBB-Sprecher Michael Braun, ihn gibt es nicht im VOR-Verbund. (ung, 20.7.2016)