Ermittlungen am Tatort in Kiew.

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Der Journalist Pawel Scheremet ist bei einem Autobomben-Anschlag in Kiew ums Leben gekommen.

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Kiew – Einer der bekanntesten Journalisten der Ukraine, Pawel Scheremet, ist bei der Explosion eines Sprengsatzes im Auto ums Leben gekommen. "Nach vorläufigen Angaben war es eine Bombe. Ob selbst gebaut oder nicht, müssen Experten klären", sagte Behördensprecher Artjom Schewtschenko am Mittwoch.

Scheremet saß alleine im Wagen seiner Kollegin Aljona Pritula, als das Fahrzeug am Mittwoch explodierte, berichtete das Internetportal "Ukrainskaja Prawda", für das der gebürtige Weißrusse arbeitete. Unmittelbar nach der Explosion soll er noch am Leben gewesen sein, berichteten Augenzeugen der Zeitung "Kiew Post".

Lückenlose Aufklärung gefordert

Präsident Petro Poroschenko forderte eine lückenlose Aufklärung. "Die Täter müssen bestraft werden", teilte er auf Twitter mit. Scheremet, der auch als Moderator für das Radio Westi arbeitete, galt als eng vernetzt mit der prowestlichen Führung um Poroschenko. Zudem war der 44-Jährige als Kritiker des weißrussischen Machthabers Alexander Lukaschenko bekannt. 2006 saß er nach der gewaltsamen Auflösung einer Protestkundgebung gemeinsam mit hunderten anderen Regierungsgegnern kurzzeitig in Haft. Während der Maidan-Proteste 2013/2014 in Kiew engagierte sich Scheremet aufseiten der prowestlichen Kräfte und wurde später Redakteur beim renommierten Internetportal "Ukrainskaja Prawda".

Sprengsatz ferngezündet oder verzögert

"Die Bombe hatte eine Sprengkraft von etwa 400 bis 600 Gramm TNT", sagte Sorjan Schkirjak vom ukrainischen Innenministerium. "Der Sprengsatz war entweder ferngezündet oder hat zeitverzögert angesprochen." Generalstaatsanwalt Juri Luzenko versprach eine genaue Untersuchung, der ukrainische Journalistenverband bezeichnete die Tat als Mord.

Erst vor gut einem Jahr war der regierungskritische Journalist Oles Busina in Kiew erschossen worden. Im Jahr 2000 war der Gründer der "Ukrainskaja Prawda", Georgi Gongadse, ermordet worden. Die Auftraggeber wurden nie gefunden.

Baltenstaaten entsetzt

Auch baltischen Staaten haben mit Entsetzen auf die Ermordung des prowestlichen Journalisten Pawel Scheremet in der Ukraine reagiert. "Wir sind schockiert von diesem Ereignis und hoffen, dass es gründlich, transparent und effektiv untersucht wird", sagte der litauische Außenminister Linas Linkevicius am Mittwoch in Vilnius.

Scheremet sei "wichtig gewesen für die gesamte demokratische Welt, die russischsprachigen Medien der Region", sagte Linkevicius der Agentur BNS. Auch die estnische Außenministerin Marina Kaljurand verurteilte "den abscheulichen Angriff auf das Leben eines Journalisten und die Pressefreiheit". "Schreckliche Nachricht", twitterte ihr lettischer Kollege Edgars Rinkevics. Beide forderten wie Linkevicius eine Aufklärung des Mordes an Scheremet. (APA, 20.7.2016, Update: 21.7.2016))