Wien – Bei einer Pressekonferenz haben am Samstag die Ermittler klargestellt: Bei der Schießerei in München ist von einem Amoklauf auszugehen. Der zuständige Staatsanwalt sprach von einem "klassischem Amoktäter", auf eine politischen Motivation gebe es keine Hinweise. Man habe es mit einem Einzeltäter zu tun, sagte der Münchner Polizeipräsident Hubertus Andrä.
Bei David Ali S. handelt es sich um einen 18-jährigen Schüler, der mit seiner Familie in München gelebt hat. Er ist in München geboren und aufgewachsen und hat einen iranischen und einen deutschen Pass. Seine Eltern sind in den 90ern Jahren vom Iran nach Deutschland geflüchtet.
Die Ermittler haben "keinerlei Anhaltspunkte" darauf, dass der Täter zu der islamistischen Terrormiliz "Islamischer Staat" einen Bezug hatte. Vielmehr hätte man bei einer Hausdurchsuchung Unterlagen "aus dem Bereich Amok" gefunden, sagte Andrä. Robert Heimberger, Chef des Landeskriminalamts, berichtet von Zeitungsartikeln über Amokläufe und ein Buch mit dem Titel "Amok im Kopf – Warum Schüler töten".
Was den religiösen Hintergrund des Täters betrifft, laufen noch Ermittlungen. Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière berichtete von Hinweisen darauf, dass David S. zum Christentum konvertiert sein könnte. Sein Eltern hätten jedenfalls ausgesagt, dass er kein religiöses Leben geführt habe
Zusammenhang mit Breivik unbestätigt
Ein Indiz dafür, dass es sich bei der Tat um einen Amoklauf handelte, sieht Polizeipräsident Andrä auch darin, dass die Schießerei am fünften Jahrestag des Attentats von Anders Behring Breivik stattgefunden hat. Bei dem Terroranschlag sind auf der norwegischen Insel Utøya und in Oslo 77 Menschen ermordet worden. Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière sagte am Samstag, dass es noch zu früh sei, um hier einen Zusammenhang festzustellen.
Es besteht der Verdacht, dass David S. mit einem gefakten Facebook-Profil mögliche Opfer zum Tatort locken wollte. Dort versprach er angeblich, denen etwas "zu spendieren", die in jenes McDonalds-Lokal kämen, wo der Täter später begann, auf Menschen zu schießen. Der Attentäter nutzte für das Profil offenbar Fotos eines Mädchens aus München, das sich nach der Tat verzweifelt auf Twitter meldete und mehrmals darauf hinwies, dass ihre Bilder für das Fake-Profil gestohlen wurden. Sollte dies stimmen, handle es sich dabei um eine besonders "perfide" Methode, sagte Innenminister de Maizière.
Hinweise auf psychische Erkrankung
Der Täter soll sich in psychiatrischer Behandlung befunden haben. Es gebe Hinweise darauf, dass er "eine Erkrankung aus dem depressiven Formenkreis", gehabt habe, sagt der zuständige Staatsanwalt. De Maizière sprach zudem davon, dass der Täter wohl auch gemobbt worden sein könnte.
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft wollte Mobbing zunächst nicht bestätigen. Er spricht aber davon, dass es "Anhaltspunkte" für solche Schulprobleme gebe. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann spricht von Problemen im Bildungsweg.
Der Polizei war David S. nicht bekannt. Auch der Staatsschutz sowie die Nachrichtendienste hatten den Täter nicht auf dem Radar. Die Staatsanwaltschaft berichtet davon, dass der Täter in den Akten zwei Mal als Geschädigter auftaucht, einmal bei einer körperlichen Auseinandersetzung mit drei anderen Jugendlichen – das Verfahren wurde wegen Geringfügigkeit eingestellt und einmal als geschädigter eines Diebstahls.
Die Obduktion hat ergeben, dass sich der Täter mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit selbst erschossen hat. "Wir gehen von Suizid aus", sagt die Staatsanwaltschaft. Polizisten hatten zwar auf David S. geschossen, ihn aber nicht getroffen.
Bei der Tatwaffe dürfte es sich um jene Glock mit dem Kaliber 9mm gehandelt haben, die bei dem Täter gefunden wurden. Zumindest lassen die gefundenen Projektile diesen Schluss zu, sagte Innenminister de Maizière. Wie die Ermittler berichten, dürfte es sich um eine illegale Waffe handeln, da die Seriennummer ausgefeilt war. Es werde noch dauern, bis klar sei, woher die Waffe komme. Im Rucksack des Täters wurden zudem 300 Schuss Munition gefunden. (koli, 23.7.2016)