33 Wohnungen gibt es in der Nichtraucherwohnanlage. Raucher können ein kleines Eck am Grundstücksrand nutzen.

Foto: Wohnungsgenossenschaft Halle-Süd e.G.

Vor zwei Jahren sorgte die Wohnungsgenossenschaft Halle-Süd mit dem Baustart für die "erste rauchfreie Wohnanlage Deutschlands" in Halle in Sachsen-Anhalt für heftige Diskussionen. Weder in den Wohnungen noch auf den Balkonen oder im Vorgarten sei Rauchen erlaubt, wurde damals angekündigt: Wer sich nicht daran hält, fliegt raus.

Mittlerweile hat sich die Aufregung laut Susanne Rackwitz, Prokuristin der Wohnungsgenossenschaft, weitgehend gelegt: "Unsere Nichtraucherwohnanlage wurde toll angenommen." Im April und Mai wurden die 33 Mietwohnungen des Wohnprojekts "Schwalbennest" übergeben, sämtliche Wohnungen seien vermietet und die Mieter zufrieden.

Rauchender Mieter

Die Bewohner wurden sorgfältig ausgewählt, berichtet Rackwitz. Und Nikotinsucht war kein Ausschlussgrund: "In der Anlage wohnt auch ein junger rauchender Vater", erzählt sie. Dieser habe aber gewusst, worauf er sich einlässt, und stehe hinter dem Projekt. Momentan sei er dabei, mit dem Rauchen aufzuhören.

Hier würden die unterschiedlichsten Menschen leben – von jungen Familien bis zu älteren Paaren und Alleinstehenden. "Darunter sind auch Menschen, die schlechte Erfahrungen mit rauchenden Nachbarn gemacht haben", sagt Rackwitz. Andere wiederum hätten sich wegen der Ausstattung und der familiären Betreuung durch die Wohnungsgenossenschaft für die Anlage entschieden.

Im Mietvertrag geregelt

Diese hat das Konzept für das Nichtraucherhaus gemeinsam mit dem Nichtraucherverband "Pro Rauchfrei" entwickelt. Die Planung der organisatorischen und rechtlichen Umsetzung der rauchfreien Mietwohnungen hat fünf Jahre gedauert. Der Deutsche Mieterbund hat dennoch Zweifel an der Zulässigkeit eines solchen Rauchverbots. Rackwitz hat keine Bedenken: "Wir haben vier Vorgespräche mit den Mietern geführt – und diese auch dokumentiert, damit danach niemand sagen kann, er habe nichts vom Rauchverbot gewusst."

Zudem wird das Rauchverbot durch einen Passus im Mietvertrag geregelt. "Sie dürfen als Mieter ja auch nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit Klavier spielen." Natürlich, das gibt Rackwitz zu, sei ein Rauchverbot in der eigenen Wohnung ein Eingriff in die Privatsphäre – aber einer, den sich die Bewohner eben selbst ausgesucht hätten. "Wir haben in Halle keine Wohnungsnot. Niemand ist gezwungen, hier zu wohnen." In Städten wie München, wo Wohnungen knapp sind, müsse man das natürlich anders beurteilen.

Rauchverbot am Gang in Österreich möglich

"Rechtlich stelle ich mir das schwierig vor", urteilt Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Wiener Mietervereinigung, über ein striktes Rauchverbot in einem Wohnhaus in Österreich. Ein Rauchverbot in einem Mietvertrag ist hierzulande nicht zulässig. Die Hausverwaltung darf aber in der Hausordnung festlegen, dass beispielsweise im Gangbereich nicht geraucht werden darf.

Besonders zwischen Nachbarn würden die Streitigkeiten rund ums Rauchen zunehmen, berichtet Hanel-Torsch: "Die Menschen sind sensibler geworden." Was bei solchen Konflikten zähle, sei die Frage der Ortsüblichkeit: "Dabei tun sich auch Gerichte schwer." Das Kettenrauchen eines Nachbarn sei "vielleicht ortsunüblich", gegen einen Nachbarn, der nach dem Mittagessen zwei Zigaretten raucht, sei aber wenig auszurichten, so die Juristin. Sie rät Betroffenen daher dazu, immer zuerst das Gespräch mit dem Nachbarn zu suchen.

Rackwitz berichtet von Anfragen aus ganz Deutschland, ein solches Projekt doch auch anderswo zu errichten. Das ist aber nicht geplant: "Mehr als ein solches Projekt können wir nicht stemmen." Das "Schwalbennest" in Halle würde sie aber sofort wieder bauen. "Wir verdammen keine Raucher", stellt sie klar. "Es gibt ja auch Wohnhäuser für Studenten und Senioren. Und das ist eben eines für Nichtraucher." (Franziska Zoidl, 28.7.2016)