Wien – Bianca B. (Name geändert, Anm.) hat keinen Führerschein. Da traf es sich gut, dass sie bis heuer beim Wiener Verkehrsamt gearbeitet hat – und dort für die Ausstellung befristeter Lenkerberechtigungen zuständig war. In zehn Fällen soll sie diese illegalerweise ausgestellt haben: neunmal für sich selbst, einmal für einen Bekannten.

"Wieso haben Sie das gemacht?", will Minou Aigner, Vorsitzende des Schöffengerichts, von der 32-Jährigen wissen. "Aus Angst! Wissen Sie, ich bin Alleinerzieherin, wenn mit meinem Kind was gewesen wäre, hätte ich gerne was gehabt, das ich vorweisen kann, wenn ich sie ins Krankenhaus bringen muss", sagt die Angeklagte unter Tränen.

Taxi war keine Option

Ein Standpunkt, der insofern etwas seltsam ist, als die Frau auch kein Auto besitzt. "Kann man sich in so einem Fall kein Taxi nehmen?", wundert sich die Vorsitzende. "Es war unüberlegt. Ein Fehler", beteuert die Angeklagte.

Der Fall mit dem Bekannten ist pikant: Er weist zumindest eine Namensgleichheit mit einem bekannten Fußballtrainer auf. Ob er es auch ist, lässt sich nicht feststellen, da er am Dienstag telefonisch nicht erreichbar gewesen ist.

Dem Mann wurde jedenfalls der Führerschein entzogen. Der war noch aus rosa Papier, daher musste er als Duplikat einen Scheckkartenführerschein retour bekommen. Nur: Zu dem Zeitpunkt, als ihm die Angeklagte diesen gab, hatte er die verpflichtende Nachschulung noch nicht absolviert.

In der Vorwoche nicht erschienen

Die Unbescholtene windet sich hier etwas und sagt, in diesem Fall sei schon eine andere Abteilung zuständig gewesen, gibt aber den Vorwurf schließlich doch zu. Am Ende bittet sie noch einmal höflichst um Entschuldigung – der Prozess hätte nämlich schon eine Woche vorher stattfinden sollen, sie war aber nicht erschienen.

"Weiß Ihr Arbeitgeber von dem heutigen Verfahren?", erkundigt sich Aigner. "Nein." – "Eine Vorstrafe würde ein Problem werden, nehme ich an?" Die Angeklagte nickt. Die Mindeststrafe für Amtsmissbrauch liegt eigentlich bei sechs Monaten, die Vorsitzende entscheidet sich dennoch rechtskräftig für eine Diversion und 150 Euro Pauschalkosten.

"Man muss sagen, dass Ihr Motiv nie finanzieller Natur war und Sie selbst auch nie von dem Führerschein Gebrauch gemacht haben", gesteht sie der Angeklagten zu. Deren Begleiterin nach dem Prozess übrigens unter Verwendung von Namedropping presserechtliche Schritte androht, sollte über das Verfahren etwas veröffentlicht werden. (Michael Möseneder, 27.7.2016)