Tag 1

9 Uhr: Split hatte das Glück und das Pech, nie im Zentrum der Geschichte gestanden zu haben. Über Jahrhunderte wurde konstant und gemächlich gebaut, aber selten etwas zerstört. Am besten verschafft man sich darüber einen Überblick, wenn man den Glockenturm aus dem 13. Jahrhundert am Peristyl-Platz hinaufgeht. Der Blick nach Süden, zur See seite, schweift hinüber zu den Inseln Brač, Hvar und Solic und hinunter zu den massiven Grundmauern eines antiken Palastkomplexes. Auf dem quadratischen spätrömischen Grundriss entstand die mittelalterliche Stadt, die bis heute das Zentrum prägen. Vorsicht: Wegen des luftigen Geländers ist der Aufstieg des knapp 70 Meter hohen Turms für Menschen mit Höhenangst nicht zu empfehlen. Und wenn der gefürchtete Jugo, der Südwind, einsetzt, zieht es hier oben gewaltig. Nach dem Abstieg die Basilika nebenan besuchen, die früher das Mausoleum des Kaisers Diokletian war. Die Kirche, nicht größer als ein Klassenraum, ist bis heute die wichtigste Basilika der Stadt.

Das Peristyl ist der zentrale Platz des Palasts von Diokletian, von 284 bis 305 römischer Kaiser in Split. Erst durch den Bau des neuen Stadtplatzes mit dem Rathaus – Pjaca genannt – im 13. und 14. Jahrhundert verlor das Peristyl an Bedeutung.
Foto: iStockphoto / Istankov

10 Uhr: Vom Peristyl führen Stufen hinab in die Unterkellerung des Diokletian-Palasts. Der römische Soldatenkaiser regierte nie von hier aus, der Palast war sein Altersruhesitz. Er wurde 305 bezogen, rund 170 Jahre später zerfiel das Römische Reich und mit ihm der herrschaftliche Bau. Erst im 7. Jahrhundert siedelten die Bewohner aus dem nahen Salona über, um sich vor einfallenden Banden zu schützen. Zuerst bezogen sie die Keller, die noch heute zu besichtigen sind, bauten die Ober geschosse aus, zogen oben ein und wandelten die früheren Wohnquartiere in Müllhalden um. Dadurch fiel zwar der Abfall über Jahrhunderte in die meterhohen Hallen, aber deshalb sind diese Räume bis heute so gut erhalten. In ihnen spürt man den modrigen Hauch der Vormoderne, der vielleicht die Produzenten der Fantasyserie Game of Thrones bewog, hier einige Szenen zu drehen.

11.30 Uhr: Nun wieder an die Luft, die Treppe zum Peristyl hinauf, wo der Eingangsbereich des antiken Palasts zu sehen ist: das monumentale Vestibül. Wenn man durchgeht, kommt man zum Ethnografischen Museum. Es ist stolz auf seine Trachten- und Instrumentensammlung, das Highlight ist jedoch die Dachterrasse. Von dort hat man einen grandiosen Blick hinüber zum Glockenturm – und zu seinen seltsamen Skulpturen wie dem Drachen, der eine barbusige Frau schändet. Zurück auf dem Peristyl-Platz, hat man sich im Café Luxor eine Pause verdient. Den Kalkstein von der nahen Insel Brač, auf dem die Gäste sitzen, haben die Jahrhunderte glattgeschliffen. Auch in der Wiener Hofburg wurde der Stein verbaut.

14 Uhr: Hat Split denn gar nichts Modernes zu bieten? Doch, am Nordrand der Basilika. In der Galerie Emanuel Vidović sind Gemälde des gleichnamigen Künstlers, eines der bekanntesten kroatischen Maler des 20. Jahrhunderts, zu finden. Er brachte nach dem Studium in Wien Ende des 19. Jahrhunderts den Modernismus in seine Geburtsstadt. Die oft düsteren Landschaftsgemälde sind in Kroatien berühmt, eines davon schaffte es in den 1970er-Jahren auf eine jugoslawische Briefmarke. Das hat Vidović nicht mehr erlebt, er starb 1953 in Split.

Die Plätze der mittelalterlichen Altstadt von Split sind mit Straßencafés übersät.
Foto: iStockphoto / Istankov

16 Uhr: Auf dem früheren Obstmarkt, dem Trg braće Radić, steht die Statue des kroatischen Dichters Marko Marulić. Er wurde 1450 in Split geboren und starb hier 73 Jahre später, sein Epos Judita gilt als Geburtswerk der kroatischen Literatur. Gegenüber dem Geburtshaus von Marulić, knappe fünf Minuten zu Fuß entfernt, in der Papaliceva 1, residiert das Stadtmuseum in einem gotischen Palast. In der übersichtlichen Ausstellung findet sich unter anderem ein Handbuch für venezianische Kaufleute aus dem 14. Jahrhundert, das Split so beschreibt: "weder besonders groß noch besonders reich". Genau deshalb überlebte die Stadt Venezianer, Osmanen und Habsburger. Das Museum hat übrigens bis 22 Uhr offen, wenn man lieber eine Siesta einlegen möchte.

18 Uhr: Die Pjaca, ausgesprochen wie die italienische Piazza, ist der erste größere Platz, der im 13. Jahrhundert außerhalb der Palastmauern angelegt wurde. Im Café Central haben lange die Intellektuellen Splits gestritten. Heute diskutiert man in den Straßencafés der Pjaca die Leistung der kroatischen Fußball-Nationalmannschaft.

22 Uhr: Von der rot gestrichenen Wand der Ghetto Bar lächelt das Konterfei von Joseph Beuys herunter, neben dem DJ-Pult steht eine Art Friedrich Engels mit Flügeln und Schlafmaske. In der versteckten Bar nahe dem Obstmarkt treffen Möchtegern-Bohemiens auf Partytouristen, das Publikum ist sexuell unentschieden, aber politisch eindeutig. Überall liegen antifaschistische Pamphlete aus.

Tag 2

10 Uhr: Bei schönem Wetter kann man sich ein Fahrrad mieten (rund 15 € pro Tag). Am Fuße des 178 Meter hohen Marjan folgt man der Küstenlinie, biegt rechts ab, am Archäologischen Museum vorbei und hält an der Galerija Meštrović. In den 1930er-Jahren ließ der bekannte Bildhauer Ivan Meštrović diese Villa am Hang als sein Sommerhaus errichten. Es wirkt der Epoche gemäß streng mit seinen klaren Treppenaufgängen und Säulen. Meštrović lernte seine Kunst im Vorkriegs-Wien und fertigte monumentale, leicht expressionistische Skulpturen an. Die Galerie zeigt Dutzende davon in den ehemaligen Wohn- und Arbeitsbereichen, vor allem sein Hiob, ein buckliger alter Mann mit verzweifelt ausgestreckten Händen, ist eindrücklich. Im großzügigen Garten kann man wunderbar einen Kaffee trinken, von der Terrasse blickt man auf die türkisblaue Adria.

Der nur 187 Meter hohe Berg Marjan und die Küstenlinie bieten sich für eine Fahrradtour an.
Foto: iStockphoto / xbrchx

12 Uhr: Weiter geht es mit dem Rad um die naturbelassene Marjan-Halbinsel herum, bis der Weg nach ein paar Kilometern aufwärts führt. Unterwegs kommt man an kleinen romanischen Kirchen vorbei, die früher den Mönchen für ihre Klausur dienten – daher auch der Name Eremitage, Einsiedlerei, für die älteste an einer Felsenhöhle. Bei der Nikolauskirche aus dem 13. Jahrhundert, einen Kilometer weiter am Hang zurück Richtung Split, treffen sich bis heute Gläubige, um am 6. Dezember den Tag ihres Namenspatrons zu begehen. Bei der Vidilica-Terrasse sind Sie fast wieder in der Stadt. An diesem Aussichtspunkt mit nettem Café liegt auch der Jüdische Friedhof. Leider ist die Anlage etwas pflegebedürftig – ein Blick auf eine im Zweiten Weltkrieg verfolgte und in Split beinahe vergessene Kultur lohnt sich aber.

15 Uhr: Nach der Bergwertung hat man sich eine Verschnaufpause auf der Prokurative, einem u-förmigen, zur Adria hin offenen Platz, verdient. Ende des 19. Jahrhundert ließ ihn der damalige Bürgermeister als bescheidene Kopie des venezianischen Markusplatzes errichten, an der Kopfseite befindet sich heute ein alternatives Theater. Abends finden im Sommer Freiluftkonzerte statt.

16 Uhr: Die Kunstsammlung der Stadt befindet sich im ehemaligen Krankenhaus am Goldenen Nordtor. Gegenüber dem Gebäude droht die überlebensgroße Statue des Bischofs von Nin seinen Widersachern, die nicht wollten, dass er im 10. Jahrhundert die Bibel in das Kroatische übersetzen ließ. Der fachmännische Blick erkennt inzwischen, dass es sich um ein Schlüsselwerk von Ivan Meštrović handelt. Im Museum sind besonders die Kunstwerke aus dem 20. Jahrhundert interessant – die eindrücklichen Fotografien von den Zerstörungen des Kroatienkrieges vor 25 Jahren und die witzigen wie traurigen Gastarbeiterzeichnungen von Dragutin Trumbetas aus den 1970er-Jahren.

19 Uhr: Noch mehr zeitgenössische Kunst bieten zwei Galerien in der Einkaufsstraße Marmontova. Der Fotoklub stellt Arbeiten einheimischer Fotografen aus, der Salon Galić nebenan Installationen oder Malereien. Einfach schauen, ob es abends eine Vernissage gibt oder vor dem obligatorischen Eis zum Tagesabschluss hingehen. (Ulf Lippitz, 31.7.2016)