Wien – Anna und Lukas Huber sind unsicher. Die beiden, sie eine Verkäuferin, er ein Ingenieur, gehen auf ihren Dreißiger zu. Im Vorjahr geheiratet, stehen jetzt Kinder auf dem Plan. Noch leben sie aber in einer kleinen Wohnung. Sie wollen etwas Größeres, es sich schön einrichten und dort zumindest einmal die nächsten 20, 30 Jahre verbringen. Lukas will ein Haus bauen, Anna zweifelt, ob sich das finanziell ausgeht. Worin sie sich sicher sind: Ihre Eltern hatten es einmal einfacher. Aber ist das so? Immerhin beziehen beide ein Einkommen, das war in der Generation ihrer Eltern seltener. Sorgt sich Anna zu Recht?

Es kommt darauf an. Anna und Lukas sind erfunden, es gibt sie nicht wirklich, ihre Situation aber ist in Österreich gang und gäbe. Ob sie sich ein Haus leisten können, hängt stark davon ab, wo sie leben. Eine Faustregel: Je mehr Menschen auf einem Fleck wohnen, desto teurer wird es. Weil Österreichs Bevölkerung stark wächst und immer mehr Menschen in Ballungsräumen leben wollen, sind die Preise für Grundstücke in vielen Regionen stark gestiegen. Nicht nur in und um Wien, sondern auch in dicht besiedelten Regionen wie Vorarlberg, Tirol und großen Teilen Salzburgs.

Ein durchschnittliches Haus, das heute gebaut wird, ist etwa 150 m² groß, sagt Wolfgang Amann, der Leiter des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen. Mit Garten, Garage und etwas Abstand zum Nachbarn brauche man dafür 500 bis 600 m² Fläche. Dafür sind in Vorarlberg schnell einmal über 200.000 Euro fällig. Rund um Wien das Zwei- oder Dreifache. Ein Haus kostet je nach Ausstattung noch einmal 200.000 bis 300.000 Euro. Durchschnittsverdiener wie Lukas und Anna können sich die Kreditraten dafür nicht leisten. Hätten sie von ihren Eltern Grund geschenkt oder von der Oma ein dickes Erbe bekommen, wäre das anders.

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Bauen sie aber auf dem Land in Oberösterreich, Niederösterreich oder der Steiermark, dann kann auch ein Normalverbraucher so einen Kredit bedienen. Wenn sie sich etwas angespart haben, zahlen sie 30 Jahre lang 1000 Euro im Monat zurück. Nimmt man an, dass Anna 1200 Euro und Lukas 1900 Euro verdienen, dann sind das etwa 30 Prozent ihres Einkommens. Sie würde etwas schlechter, er etwas besser als Durchschnittsösterreicher des gleichen Geschlechts und Alters verdienen. Wenn Anna später einmal auf 20 Stunden reduziert, so wie viele Mütter, dann steigt es auf 40 Prozent. Das ist viel, aber leistbar.

Der Vater von Anna hat gut verdient, ihre Mutter war zu Hause, bis ihre Kinder erwachsen waren. Ein Haus haben sich ihre Eltern trotzdem leisten können. Grund war noch billiger, genau wie Installateur- oder Malerarbeiten, die Wohnbauförderung üppiger. "Die Menschen haben auch mehr selber gemacht", sagt Wohnforscher Amann. "Da wurde schon einmal fünf Jahre gebaut und nicht in den Urlaub gefahren." Der Vergleich mit früher hinkt für Amann aber "hinten und vorne". Die Eltern von Anna und Lukas hätten sich mit wesentlich niedrigeren Standards abgefunden. Häuser waren auch deutlich kleiner dimensioniert.

Es gibt auch viele Pärchen, die lieber mieten. Weil sie nicht wissen, was die Zukunft bringt oder das Geld für die Kreditrate eher für eine im Vergleich dann deutlich größere Wohnung ausgeben. Schlagen Anna und Lukas diesen Weg ein, ist es für sie dann einfacher als für ihre Eltern früher?

Hätten sich die Eltern von Anna, 1990, bevor sie ein Haus gebaut haben, am Mietmarkt umgesehen, sie wären noch auf einige Wohnungen mit WC am Gang gestoßen. Die sind heute fast alle verschwunden. Quasi alle Wohnungen in Österreich fallen in die Kategorie A, haben also Zimmer, Küche, WC, Bad, eine Heizung und sind mindestens 30 m² groß. Die Standards sind über eine Generation hinweg stark gestiegen.

Schöner war es also sicher nicht. Die Fläche einer durchschnittlichen Mietwohnung ist um 7 m² auf 69 m² gestiegen, die Menschen verfügen heute also auch über mehr Platz. Die Mieten haben sich in den vergangenen 25 Jahren aber im Schnitt fast verdoppelt, zieht man die restliche Inflation ab. Junge zahlen noch einmal drauf, weil neue Verträge viel teurer sind als eine durchschnittliche Bestandsmiete. Im Schnitt beträgt der Aufschlag 20 Prozent, in Wien ist es sogar ein Drittel.

Nimmt man an, dass der Vater von Lukas ein durchschnittlich verdienender Industriearbeiter ist, müsste er heute sechs Stunden länger arbeiten, um sich eine durchschnittliche 70 m² Wohnung der Kategorie A leisten zu können, wie eine Studie des Verbands der Immobilienwirtschaft zeigt. Sein Lohn ist zwar gestiegen, die Mieten aber wesentlich stärker.

Dazu kommt, dass der Durchschnittsösterreicher immer öfter alleine wohnt. Er gibt daher schon 23 Prozent seines Einkommens für Wohnen aus. 1990 waren es noch sechs Prozentpunkte weniger. In der EU legen die Leute trotzdem fast überall relativ gesehen mehr auf den Tisch. In Österreich sorgen Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen für niedrigere Preise. Junge Menschen wie Lukas und Anna wohnen heute schöner und besser als ihre Eltern früher. Sie zahlen aber auch mehr. (Andreas Sator, 31.7.2016)