Sage und schreibe 5,5 Milliarden Euro überweist der US-Sender NBC dem IOC, dafür erhält er die Rechte an sechs Olympischen Spielen von 2021 bis 2032. Die Spiele, deren 31. Sommerauflage heute in Rio de Janeiro beginnt, sind eine Cashcow sondergleichen, nichts im Sport lässt sich so gut melken. Ja, eh. Doch wie steht es da, das Internationale Olympische Komitee, und wie steht's um den olympischen Sport?
Als der Deutsche Thomas Bach 2013 den Belgier Jacques Rogge an der IOC-Spitze ablöste, war er sehr bemüht, die Sympathien für die olympische Bewegung und nebenbei für sich selbst zu mehren. Bach band ehemalige Sportlerinnen und Sportler mit ein und präsentierte die Agenda 2020, einen Plan, der den olympischen Sport weg vom Gigantismus und zurück auf den Boden bringen sollte. Das hat nach einer hehren Idee ausgesehen – doch mittlerweile hat Bach viel an Glaubwürdigkeit verloren.
2020 wird die Megastadt Tokio die nächsten Megaspiele veranstalten. Für 2024 stehen die vier Kandidaten bereits fest: Budapest, Los Angeles, Paris und Rom. Doch sagt die Tatsache, dass Hamburg, nachdem es Berlin ausgestochen hatte, am Volks(un)willen scheiterte, schon sehr viel aus. Die Menschen haben Angst, dass sich die hohen Ausgaben, die Olympia verschlingt, nicht lohnen. Ein guter und immer größerer Teil des Geldes fließt ins Sicherheitsbudget – und wer wollte ausgerechnet hier zu Kürzungen aufrufen?
Spiele daheim, das wär's gewesen für Bach, damit hätte sich das Image wieder polieren lassen. Es ist beschädigt, weil der IOC-Präsident immer öfter daran scheitert, seine Ankündigungen einzuhalten. Man kann auch sagen, er nimmt den Mund zu voll. Das zeigt sich aktuell besonders deutlich in der Causa Russland. Was Doping betrifft, hatte Bach "null Toleranz" gepredigt – und sich dann abgeputzt, als es darum ging, ein echtes Zeichen zu setzen. Dass das IOC der russischen Whistleblowerin Julia Stepanowa die Olympiateilnahme verbaute, sah nach abgekartetem Spiel mit den Russen aus.
Das ÖOC hat – im Gegensatz zu vielen anderen – die IOC-Linie verteidigt. Alles andere wäre auch eine Überraschung gewesen angesichts der Tatsache, dass sich ÖOC-Präsident Karl Stoss um seine – am Donnerstag vollzogene – Aufnahme ins IOC bemühte. In Österreich sorgte Stoss für Verwunderung, als er sich nicht an seine Amtsantrittsansage hielt, alle Sportler mitzunehmen, die die IOC-Normen erfüllt haben. Drei Marathonläufer, die das internationale Limit erbracht hatten, mussten daheimbleiben.
Es hätte gute Argumente für ihre Teilnahme gegeben. Der gebürtige Kenianer Edwin Kemboi, mit einer Kärntnerin verheiratet, hatte das ÖOC-Limit (2:14:00) nur um fünf Sekunden verpasst. Lemawork Ketema, ein Flüchtling aus Äthiopien, der im Dezember 2015 eingebürgert wurde, war um 23 Sekunden zu langsam, auch keine Welt. Und Valentin Pfeil ist ein hoffnungsvolles Talent, dem die Rio-Erfahrung viel gebracht hätte.
Ketemas Story ist besonders bemerkenswert. Ohne die Staatsbürgerschaft wäre er für das vom IOC nominierte "Flüchtlingsteam" startberechtigt gewesen. Hätte Österreich ihn nun als Neoösterreicher mitgenommen, wäre das eine schöne Geschichte gewesen, eine Geschichte mit Signalwirkung. Doch das ÖOC argumentierte, die drei Marathonläufer wären wohl unter "ferner liefen" gelandet. Ja, eh. (Fritz Neumann, 4.8.2016)