Trauer um die Anschlagsopfer in Quetta.

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Quetta – Bei einem Selbstmordanschlag vor einem Krankenhaus in Pakistan sind am Montag mindestens 70 Menschen getötet und 190 weitere verletzt worden. Zu der Tat bekannte sich eine pakistanische Taliban-Gruppe, doch auch die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) meldete sich zu Wort.

Der Attentäter habe seinen Sprengsatz inmitten einer Menge von mehr als 100 Menschen gezündet, sagte der verletzte Journalist Faridullah der Nachrichtenagentur Reuters. Vor allem Anwälte und Journalisten hätten vor der Notaufnahme des Krankenhauses in Quetta in der Provinz Baluchistan auf die Freigabe des Leichnams des prominenten Rechtsanwalts Bilal Anwar Kasi gewartet, um ihm mit einem Trauerzug durch die Stadt das letzte Geleit zu geben. Kasi war Präsident der Anwaltskammer in der Provinz und wurde nach Angaben der Polizei auf dem Weg ins Gericht getötet.

IS bekennt sich

Der Anschlag habe sich gezielt gegen die Trauernden gerichtet, sagte der Sprecher der Provinzregierung von Baluchistan, Anwar ul Haq Kakar. Vor Kasi waren bereits einige weitere Anwälte in Quetta ermordet worden.

Taliban bekennen sich

Der Sprecher der Talibangruppe Jamaat-ur-Ahrar, Ehsanullah Ehsan, erklärte in einem E-Mail an verschiedene Medienhäuser, die Gruppe habe den Anschlag verübt. "Heute Morgen haben wir zuerst einen Angriff auf den Chef der Anwälte-Vereinigung verübt, um ihn zur Hölle zu schicken. Später, als Anwälte (vor der Klinik) protestierten, haben wir einen Selbstmordattentäter geschickt, der mehrere Anwälte und Regierungsbeamte getötet hat", hieß es in der Stellungnahme. Die Angriffe gingen weiter, bis Pakistan ein Staat unter islamischer Scharia-Gesetzgebung sei.

Die radikalislamische Gruppe hatte bei einem Anschlag in einem Park in Lahore im März 72 Menschen getötet, unter ihnen viele Kinder. Quetta gilt seit langem als Sitz der Führung der afghanischen Taliban. Deren Anführer Mullah Akhtar Mansour wurde im Mai durch einen US-Drohnenangriff getötet, als er von der iranischen Grenze aus in Richtung Quetta reiste.

Meldung gelöscht

Eine IS-nahe Quelle sagte unterdessen der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass ein Kommandant der Miliz mehrere Medienhäuser angerufen und den Anschlag vor der Klinik für sich reklamiert habe. Der Sender Geo TV hatte die Nachricht für einige Minuten auf dem Bildschirm-Ticker, löschte sie dann jedoch. Eine offizielle Stellungnahme des IS gab es zunächst nicht.

Die pakistanische Regierung beharrt darauf, dass der IS keine organisierte Präsenz im Land habe. Medien melden aber immer wieder Razzien und die Festnahme von Schläfern oder Kämpfern. Der IS selbst sagt, er wolle unter anderem auf pakistanischem und afghanischem Staatsgebiet eine neue IS-Provinz einrichten, die Khorasan-Provinz.

In Pakistan hatte sich der IS 2015 zu zwei großen Anschlägen bekannt. Am 13. Mai 2015 hatten Kämpfer einen Bus mit Mitgliedern der Ismaeliten-Minderheit angegriffen und mindestens 45 Menschen getötet. Am 16. August 2015 hatte ein Selbstmordattentäter im Attok-Bezirk nahe der Hauptstadt Islamabad 14 Menschen in den Tod gerissen, darunter den Innenminister der Provinz Punjab, Shuja Khanzada.

In Afghanistan soll die Organisation derzeit rund 2.500 Kämpfer haben, die meisten in der an Pakistan angrenzenden Provinz Nangarhar. Sie werden im Moment fast täglich von US-Drohnen und Jets angegriffen.

Es ist in Pakistan üblich, dass mehrere Extremistengruppen ein und denselben Anschlag verübt haben wollen. Behörden wollten sich zu beiden Bekenntnissen zunächst nicht äußern. (APA, Reuters, 8.8.2016)