Zahlreiche Forschungsaufenthalte haben Felix Höflmayer in den Vorderen Orient geführt.

Foto: Katharina Streit

"In der Archäologie", sagt Felix Höflmayer, "geht es nicht nur um das antike Griechenland und Rom. Immerhin gab es schon davor Hochkulturen, die massiv auf diese Gesellschaften eingewirkt haben." Als Archäologe und Ägyptologe hat sich der 38-Jährige auf die frühen Kulturen des ostmediterranen Raums spezialisiert. Zurzeit treibt ihn vor allem ein rätselhaftes Phänomen um, das vor etwa 4500 Jahren die Südlevante erschütterte: Um diese Zeit nämlich zerbrach im historischen Gebiet Palästinas, des Libanons und Syriens das System der Stadtstaaten. Die hochentwickelten Städte mit ihren verzweigten Fernhandelsnetzen verschwanden, die Menschen kehrten für Jahrhunderte zu einer nomadischen Lebensweise zurück. "Davon zeugen Zerstörungsschichten an vielen Fundorten", sagt der Archäologe.

Was führte zu dieser Katastrophe? Bislang herrschte in der Fachwelt die Hypothese vor, dass der zivilisatorische Rückschritt auf einen massiven Klimawandel zurückzuführen sei. "Tatsächlich kann man um 2200 v. Chr. einen Klimawandel nachweisen", so Höflmayer. "Der Vordere Orient wurde deutlich trockener." Nun belegen aber neuere Arbeiten Höflmayers und zahlreicher anderer Forscher, dass der Zusammenbruch der ersten Städte bereits um 2500 vor unserer Zeitrechnung stattfand – also deutlich vor dem Klimawandel.

Die neuen Erkenntnisse basieren auf der akribischen Datierung archäologischer und textlicher Quellen: "Kürzlich war ich etwa in Nordisrael, um Holzkohleproben für eine Datierung zu nehmen", berichtet Höflmayer. "Durch die neuen Datierungen wissen wir nun, dass der Untergang schrittweise erfolgte und bei jeder Stadt anders verlaufen ist."

Zählt man sämtliche Forschungsaufenthalte zusammen, hat der Archäologe bereits an die vier Jahre im Vorderen Orient verbracht. Seine oft schweißtreibenden Arbeitsplätze sind Ausgrabungsfelder in Ägypten, Israel oder Jordanien, aber auch Bibliotheken, Archive und Museen. Neben seiner Arbeit binden ihn mittlerweile viele im Lauf der Jahre gewachsene Freundschaften an diese geschichtsträchtige Region, die gegenwärtig einmal mehr in ihren Grundfesten erschüttert wird. "Wenn man die vielen Flüchtlinge etwa im kleinen Jordanien sieht, erinnert man sich mit Unbehagen an Europa, das sich angesichts der aktuellen Katastrophe so schnell überfordert fühlt", sagt Höflmayer.

Durch seine archäologische Arbeit ist der Wiener schon viel in der Welt herumgekommen: Eineinhalb Jahre war er an der Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts in Amman, danach zwei Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Berlin, von 2013 bis 2015 als Postdoc an der University of Chicago und nun im Rahmen eines Apart-Stipendiums wieder am Institut für Orientalische und Europäische Archäologie an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Kürzlich wurde Höflmayer zudem mit einem Start-Preis des Wissenschaftsfonds FWF ausgezeichnet. Ein ziemlich bewegtes Forscherleben, das auch ein bisschen nach Abenteuer und Exotik riecht. "Ich arbeite gerne im Feld, aber selbst wenn ich nur in Archiven und Bibliotheken sitzen würde – an meiner Begeisterung könnte das nichts ändern." (Doris Griesser, 13.8.2016)