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Die Personalfrage wäre grob geklärt: Der ORF hat einen Generaldirektor. Vielleicht hätte man vorher grundsätzlich klären sollen, ob man den ORF noch braucht – und welchen. Dann könnte man sich leidige Gebührendebatten sparen.

Denn jetzt geht es um Steuergeld. Noch im Herbst muss der alte neue Generaldirektor des ORF einen Gebührenantrag stellen. Alexander Wrabetz wird eher keine Senkung vorschlagen. 10,5 Prozent mehr sieht die interne Finanzvorschau des ORF vor, wenn der ORF die volle Inflation seit der letzten Erhöhung 2012 ausgleichen will – und darf. An dem Punkt spießt es sich.

Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) ließ schon im Generalswahlkampf wissen: Eine Gebührenerhöhung, gar eine zweistellige, stehe "in gewissem Gegensatz" zu Entlastungsversprechen der Regierung.

Das zeugt von einem grundlegenden (aber verbreiteten) Missverständnis. Der ORF ist nicht dazu da, Regierungswünsche zu erfüllen, ob nun nach Sendezeit, nach freundlicher Behandlung oder auch nach Steuerentlastung. Entlasten könnten Bund und Länder ganz einfach: Sie streichen ihre Abgaben auf die Rundfunkgebühr. Rund 270 Millionen Euro schlagen sie auf, rund ein Drittel, keineswegs alles für Medienzwecke. Und: Medienminister haben bei Gebührenerhöhungen nichts mitzureden (sie tun es dennoch gern).

Unabhängig, vielfältig und möglichst objektiv

Der ORF ist laut Gesetz dazu da, eine öffentliche Aufgabe im Interesse aller zu erfüllen. Grob lautet die, unabhängig, vielfältig und möglichst objektiv zu informieren, zu bilden und zu unterhalten. Für diesen Job bekommt der ORF Programmentgelte, rund 600 Millionen pro Jahr. Er darf laut EU-Vorgaben Gebührengeld allein für diese Aufgabe verwenden. Wie viel er dafür braucht, muss der ORF spätestens alle fünf Jahre der Medienbehörde plausibel vorrechnen.

Der Generalswahlkampf 2016 zeigte wieder klar: Der ORF und wer ihn führt, interessiert Regierungs- wie Oppositionspolitiker brennend. Wohl, weil sie davon ausgehen, dass letztlich der ORF-Chef bestimmt, wer sie in welchen Formaten wie lange wunschgemäß reden lässt – oder ihre Textbausteine und Floskeln hart hinterfragt.

Brennend im Wortsinn indes empfinden sie, dass der ORF dafür Geld benötigt, dass dieses Geld über die Jahre weniger wert wird. Sie übersehen, dass die Politik seine öffentlichen Aufgaben definiert und (auf Wunsch des ORF) gern erweitert, etwa um öffentlich-rechtliche Spartenkanäle neben kommerziellen Hauptprogrammen.

Da verbrennt man sich leicht, denn: Rundfunkgebühren und GIS regen auf wie wenige Themen, ideal für Kampagnen der Populisten in Politik und Medien. Meist, solange sie nicht regieren.

Dritte Amtszeit

Die FPÖ lässt schon ein neues ORF-Gesetz erarbeiten für nach der nächsten Nationalratswahl. Um, wie 2001, damit den gerade bestellten ORF-Chef abzusetzen, ließ ihr Stiftungsrat Norbert Steger Dienstag anklingen. Von Gebühren sagte er nichts. Auch unter Schwarz-Blau wurden die ORF-Gebühren 2004 um acht Prozent erhöht.

Vielleicht schafft es der alte neue ORF-General ja in seiner dritten Amtszeit doch noch: den Menschen – zuallererst mit seinen Inhalten, seinen Programmen und Plattformen – glaubhaft zu vermitteln, dass der ORF etwas Wichtiges tut, das ihre Gebühren wert ist. Dann müsste sich die jeweilige Regierungspolitik nicht so fürchten vor höheren Rundfunkgebühren – oder gar vor einer Abgabe von allen Haushalten für eine Aufgabe im Interesse aller. (Harald Fidler, 9.8.2016)