Zahlreiche Polizeirazzien in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen richteten sich am Dienstag gegen mutmaßliche Unterstützer von islamistischen Terrororganisationen.

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Nach den islamistisch motivierten Attacken in Würzburg und Ansbach vom Juli wollen die Innenminister der CDU und CSU nun den Kampf gegen die terroristische Bedrohung verschärfen. In einer "Berliner Erklärung" sprechen sich die Unions-Minister für 15.000 zusätzliche Polizisten in Bund und Ländern bis 2020 aus. Ins Visier genommen werden zudem muslimische Extremisten: So soll, ähnlich wie im Schweizer Kanton Tessin oder in Frankreich, die Vollverschleierung verboten werden. Unter die Lupe genommen werden auch die Moscheen. Eine Finanzierung dieser durch extremistische Organisationen soll nicht mehr geduldet und "nichtdeutsche Hassprediger" umgehend des Landes verwiesen werden.

Gekippt werden soll nach dem Willen der Unions-Minister auch ein wichtiges Reformprojekt der rot-grünen Regierung von Gerhard Schröder (1998–2005): Es sei an der Zeit, das Projekt mit der doppelten Staatsbürgerschaft wieder zu beenden. "Wer sich für die Politik ausländischer Regierungen engagieren will, dem legen wir nahe, Deutschland zu verlassen", heißt es in der Erklärung fast gleichlautend mit einem Statement, das Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) kürzlich getätigt hat.

Die SPD kritisierte den Vorstoß der CDU scharf. "Deutschtürken, die seit Jahrzehnten bei uns leben, treibt ein solcher Vorschlag in die Arme von Erdoğan", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. SPD-Vize Ralf Stegner wies die Idee als "symbolpolitische Kraftmeierei" zurück. "Mehr Polizei ist in Ordnung, aber die anderen Dinge taugen in vielerlei Hinsicht nichts", so Stegner am Donnerstag in der ARD.

Der Ruf nach einem Burka-Verbot und mehr Polizisten ist nicht neu. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte bei ihrer Sommerpressekonferenz an, dass die Sicherheitskräfte personell aufgestockt werden sollen.

Neuer Maßnahmenkatalog

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) will am Donnerstag einen eigenen Maßnahmenkatalog zur Terrorbekämpfung vorstellen. Ausländische "Gefährder" und straffällig gewordene Ausländer, die sich ohne Genehmigung im Land aufhalten, sollen rascher abgeschoben werden können. Dazu möchte de Maizière einen neuen Grund für die Abschiebung – die "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit" – einführen.

Für Kritik seitens der Ärzte sorgt de Maizières Vorhaben, deren Schweigepflicht aufzuweichen. Eine Gesetzesänderung soll es Ärzten künftig erlauben, die Behörden über geplante Straftaten ihrer Patienten zu informieren. "Das Patientengeheimnis dient dem Schutz der Privatsphäre der Patienten und wird als Grundrecht durch die Verfassung geschützt", so der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, auf "Spiegel online".

Razzien in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen

Am Dienstag führte die Polizei in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen Razzien gegen mutmaßliche Unterstützter des "Islamischen Staats" (IS) durch, verhaftet wurde aber niemand. Die Beschuldigten werden verdächtigt, um Mitglieder für den IS geworben zu haben. Hinweise auf konkrete Anschlagspläne gebe es nicht.

Auch Dienstagabend gab das Innenministerium Rheinland-Pfalz die vorläufige Festnahme eines 24-jährigen Verdächtigen bekannt: Der Syrer soll offenbar Pläne für einen Anschlag gegen ein Spiel der Fußball-Bundesliga gehabt haben. Der Mann war laut einem Bericht der "Bild" am 2. Februar über die Schweiz nach Deutschland eingereist, wo er Asyl beantragt hatte. Zu seiner Festnahme führte der Hinweis eines inhaftierten Marokkaners. (Christoph Reichmuth aus Berlin, 10.8.2016)