Legerer Look: eine Art "Einheitskleidung" der Trump-Fans.

Foto: Frank Herrmann

Es ist nicht ganz einfach, über Donald Trumps Wahlkundgebungen zu berichten. Nicht dass sie geschlossene Veranstaltungen wären, natürlich nicht. Nur stellt sich immer wieder aufs Neue die Frage, ob unsereiner nicht an einem Trump-Adlatus scheitert.

Ab und an lässt sich der Pressestab des Kandidaten nette kleine Schikanen einfallen, nach einem Muster, dessen Logik sich mir bis heute nicht erschließt. Einmal, das war im März in Tampa in Florida, ließen sie nur amerikanische Reporter, aber keinen ausländischen in die Kongresshalle, in der er sprach. Ohne Begründung. Nachfragen zwecklos. Bisweilen sind es große amerikanische Zeitungen, die kurzerhand auf die schwarze Liste gesetzt werden, allen voran die "Washington Post". Auf Listen, wie sie einzig und allein Trump führen lässt, während dergleichen niemandem sonst in diesem Wahlkampf auch nur in den Sinn gekommen wäre. Der Polterer, der so gern austeilt und zugleich so dünnhäutig auf kritische Berichte reagiert.

Mehr Tickets als Plätze

Jedenfalls ist es manchmal wie bei einer Lotterie: Auch wenn alles klar zu sein scheint, weiß man nie, ob sich die Trump-Truppe nicht wieder einmal wegen irgendeiner Kleinigkeit ärgert und ihren Groll an den Medienmenschen auslässt. Neulich in Altoona, einer melancholischen Industriestadt in Pennsylvania, habe ich beschlossen, die Achterbahn der Launen zu ignorieren und eine Karte für normale Kundgebungsteilnehmer zu buchen.

Die Karten, digital zugestellt, oben mit einem Strichcode versehen, kosten nichts. Man muss sich nur rechtzeitig anstellen, weil es die Trump-Leute halten wie amerikanische Billigfluglinien: Sie stellen mehr Tickets aus, als es Plätze gibt. Außerdem sollte man auf das Kleingedruckte unterm Strichcode achten. Dort steht, was alles verboten ist: Plakate, Fahnen, Kameras mit abnehmbarer Linse, Stative, Selfie-Sticks. Außerdem steht dort, dass es keinerlei Dresscode gibt, keine Kleidungsvorschriften.

Verständnis von den Trump-Anhängern

Letzteres hatte in Altoona bei 36 Grad im Schatten zur Folge, dass männliche Besucher fast ausnahmslos in einer Art Einheitskleidung zur Rally erschienen. Kaum einer, der nicht kurze Hosen trug, die etwa bis zum Knie reichten. Meist khakifarben. Dazu T-Shirt und Turnschuhe. Sich in weniger legerer Kluft in die Warteschlange einzureihen, wäre ein schwerer Fehler: Es hätte nur zur Folge, dass man den Argwohn der Trump-Ordner erregt, die dann womöglich fragen, ob man Journalist sei. Und einen der Launenhaftigkeit des Pressestabs überlassen.

Nicht dass ich Regelverstößen das Wort reden wollte. Aber ich finde, es ist ein durchaus legitimer Sport, der Kampagne des Kontrollfreaks ein Schnippchen zu schlagen. Selbst unter den Trump-Fans sehen es viele so. Kaum einer hatte etwas gegen ein spontanes Interview, auch wenn der Tycoon die Journaille neulich als niedrigste Form menschlichen Lebens beschimpfte. Im Gegenteil, im Blair County Convention Center in Altoona nickten die meisten verständnisvoll, als man sich, endlich eingelassen, als Zeitungsmann zu erkennen gab und kurz von den Hürden erzählte, die einem Trumps Presseverhinderungsteam so in den Weg stellt. Wer Journalist sei und etwas auf sich halte, sollte Wert darauf legen, auf Donald Trumps schwarzer Liste zu stehen, hat Jason Linkins, ein Redakteur der "Huffington Post", vor ein paar Monaten geschrieben. Trumps schwarze Liste ad absurdum zu führen, finde ich, macht deutlich mehr Spaß. (Frank Herrmann, 17.8.2016)