Steigert ein höheres Grundgehalt die Attraktivität als Arbeitgeber? Unternehmen müssten nach anderen Wegen suchen, rät das Beratungshaus Mercer.

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Höhere Grundgehälter sind kein geeignetes Instrument, um Manager und Mitarbeiter in leitender Funktion zu gewinnen und zu binden. Zu dieser Einschätzung kommen 85 Prozent der europäischen Finanzinstitute, die für eine aktuelle Studie des Beratungshauses Mercer befragt wurden. Als Reaktion auf die stärkere Regulierung der variablen Vergütung haben viele Unternehmen in den vergangenen Jahren die Grundgehälter angehoben. Die Ergebnisse des Mercer Global Financial Services Executive Compensation Snapshot Survey 2016 machen deutlich, dass diese Strategie nicht aufgeht.

Höheres Grundgehalt ohne Effekte

Laut Untersuchung haben lediglich 22 Prozent der Finanzdienstleister weltweit positive oder sehr positive Erfahrungen mit höheren Grundgehältern gemacht. Dabei zeigen sich große Unterschiede nach Region und Industrie: So schätzen 35 Prozent der Organisationen in den Schwellenländern die Wirkung einer höheren Basisvergütung positiv ein. In Nordamerika und Europa liegen die Werte nur bei 23 bzw. 16 Prozent. Banken und Versicherer attestieren höheren Grundgehältern zu 24 bzw. 26 Prozent positive Effekte, während die Zustimmung bei anderen Finanzinstituten (bspw. Zahlungsdienstleistern oder Börsen) bei 22 Prozent liegt. Ein anderes Bild zeigt sich bei den Investmentunternehmen und Asset Managern: Diese Gruppe sieht keine positiven Effekte durch ein höheres Basisgehalt und bewertet den Einfluss zu 100 Prozent als "neutral" oder gar "negativ".

"Höhere Grundgehälter wurden in den letzten Jahren häufig als Möglichkeit gesehen, um auf die stärkere Regulierung der variablen Vergütung zu reagieren. In vielen Fällen hat ein höheres Grundgehalt neben der höheren Barsumme tatsächlich weitere Vorteile für den Mitarbeiter: Der Zielbonus erhöht sich, sofern er als Prozentsatz des Grundgehalts definiert ist, die Beiträge zur Betriebsrente steigen und die Absicherung im Todesfall verbessert sich", sagt Raffaela Stutz, Vergütungsexpertin bei Mercer. "Allerdings zeigt unsere Studie deutlich, dass die erhoffte positive Wirkung im Hinblick auf die Gewinnung und Bindung wichtiger Mitarbeiter in den meisten Fällen ausgeblieben ist. Unternehmen müssen also nach anderen Wegen suchen, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren."

Flexibilität wird wichtiger

Viele Unternehmen der Finanzbranche arbeiten an ihrer "Employee Value Proposition" und ziehen neue Ansätze in Erwägung, die über das fixe und variable Gehalt hinausgehen. Damit wollen sie gefragte Mitarbeiter im Markt für sich gewinnen und an ihr Unternehmen binden. Zu den wichtigsten geplanten oder bereits umgesetzten Maßnahmen in Europa gehören Remote- bzw. Telearbeit (50 Prozent; weltweit: 43 Prozent), flexible Arbeitszeitgestaltung (41 Prozent; weltweit: 37 Prozent), Trainings- und Entwicklungsprogramme (41 Prozent; weltweit: 47 Prozent), Career Frameworks (38 Prozent; weltweit: 37 Prozent) sowie nicht-monetäre Belohnungs- und Anerkennungsprogramme (38 Prozent; weltweit: 34 Prozent).

"Gehälter sind schon längst nicht mehr alles. Natürlich achten Mitarbeiter heute und auch in Zukunft darauf, dass sie ordentlich bezahlt werden. Doch auch in der Finanzbranche zeichnet sich langsam ab, dass immer mehr Mitarbeiter sich neben finanziellen Anreizen auch andere Benefits von ihrem Arbeitgeber wünschen", so Stutz. "Mehr und mehr geht es hierbei um Flexibilität im Arbeitsumfeld, Unterstützung bei der Karriereentwicklung und Sinnfindung in der Arbeit. Um Mitarbeiter nachhaltig ansprechen und von ihrem Angebot überzeugen zu können, brauchen Unternehmen eine starke Employee Value Proposition." (red., 17.8.2016)