Die rot-schwarze Regierung wirft mit ihrer Lösungskompetenz in allen wichtigen Fragen den Schatten einer blau-schwarzen voraus. Da wollen auch manche Medien nicht fehlen und zeitgerecht auf den, allerdings etwas mühsam anfahrenden, Zug aufspringen. So widmete "Die Presse" die ganze erste Seite ihrer letzten Samstag-Ausgabe dem Heilsversprechen Strache macht sich salonfähig – wie sich von selbst versteht, mit Konterfei des kommenden Salon löwen im arischen Profil. Die Frage, wieso sich jemand, der gut zwanzig Jahre in der Politik ist, erst jetzt zur Salonfähigkeit entschließt, blieb unbeantwortet, galt es doch Brisanteres anzukündigen. Strache bereitet sich auf Neuwahlen vor: Nach der Sommerpause will er mit Wirtschaftsthemen punkten. Gespräche mit Wirtschaftstreibenden sollen bald in ein Konzept münden.

Aber wirklich bald, denn die Sommerpause ist demnächst vorbei. Und in der Tat, es bahnt sich Revolutionäres an, erzählen Vertraute. Mit seriösen Wirtschaftskonzepten soll die FPÖ Regierungsfähigkeit signalisieren. Das hat Jörg Haider schon einmal vorgemacht, aber jetzt wirklich seriös. Einen Rohentwurf dazu gibt es schon. Es soll bald zu vertiefenden Diskussionen kommen, die Idee dahinter: Im Zuge dieser zahlreichen Gespräche soll es
zu einem "akkordierten Konzept" kommen.
Dass geht ja ruck, zuck, wie beim SPÖ-Parteiprogramm.

Um das Konzept mit jemandem akkordieren zu können, ist der FPÖ-Chef auf der Suche nach prominenten Wirtschaftstreibenden, die dieses Konzept dann auch öffentlich, "überparteilich" – ungefähr so wie Van der Bellen – unterstützen wollen. Ob sie wollen, steht noch nicht fest, Namen von Gesprächspartnern des FPÖ-Chefs werden allerdings grundsätzlich nicht verraten. Auch wurscht, denn der "Presse" liegt sein Konzept vor. Gut neun DIN-A4-Seiten hat es, der Titel lautet – jetzt halten Sie sich bitte fest –: "Leistung muss sich wieder lohnen". Wahnsinn der Wirtschaft!

Sehr ausführlich wird darin das Thema Steuern behandelt. Leider kann selbst "Die Presse" dazu nichts anderes feststellen als: Das FPÖ-Schriftstück wirkt generell noch reichlich unausgegoren, was aber kein Grund ist, davon nicht auf einer ganzen Aufmacherseite Meldung zu machen. Es ist in Passagen nur stichwortartig formuliert, da es – wie ein Ein geweihter erzählt – bloß als Diskussionsgrundlage in den Gesprächen mit Wirtschaftstreibenden herhalten soll. Niemals würde man das glauben, hätte es nicht ein Eingeweihter erzählt. Ob es dann auch die von Strache gewünschte öffentliche Unterstützung von diversen Wirtschaftspersönlichkeiten bekommt, wird sich weisen, lässt "Die Presse" abschließend doch Skepsis an ihrem Aufmacher erkennen. Persönlichkeiten, die sich in der Wirtschaft auskennen, schätzen, das werde von der Salonfähigkeit des FPÖ-Chefs abhängen, und
an der arbeitet er schon – mit dem aufgekochten Gerücht einer Trachtenhochzeit.

Der mutige, wenn auch inhaltsleere Vorstoß der "Presse" in den Salon Strache ließ der "Kronen Zeitung" keine Ruhe, galt es doch ihre Rolle als dessen Raumpfleger abzusichern. Drei Tage später schlug sie mit einem über die Seiten 2 und 3 gezogenen Kasten zurück, in den unter dem Titel Urlaub, Waffen, Lebensziel die Konzentration auf Strache als Wirtschaftslenker zugunsten breiter gefächerter Information aufgegeben wurde.

Der Beitrag war aber nicht nur rückwärts gegen "Die Presse" gewandt, sondern auch vorwärts gegen den ORF. Da man bei dessen Mitarbeitern nie weiß, was ihnen plötzlich zu fragen in den Sinn kommt – Beispiel Hofer auf dem Tempelberg – wollte man nichts deren Willkür überlassen. "Das müssen Sie Strache fragen" – unter diesem Titel stellte die "Krone" die wichtigsten Themen rund um die FPÖ zusammen. Lesen Sie die (gekürzten) Antworten des blauen Parteichefs vor dem ORF-"Sommergespräch".

Merk’s ORF! Unbedingt also
z. B. nach Waffen fragen, etwa: Woher die Angst – und sind Sie – wie Hofer und Gudenus – auch bewaffnet? Strache sagt dann, er habe – selbstverständlich – keine Angst, aber als Sportschütze (einmal Paintball, immer Ballermann) besitze ich eine Glock. Diese ist allerdings immer sicher und korrekt verwahrt. Wirklich immer? Wozu dann dieses Potenzmittel?

Gut auch die Frage: Weshalb tun Sie sich mit konkreter Wirtschaftspolitik so schwer? Straches Antwort: Medial wird es gerne so dargestellt! Doch das Gegenteil ist der Fall, ein Zukunftsprogramm werde diskutiert. Von Zukunft stand in der "Presse" kein Wort. (Günter Traxler, 20.8.2016)