Wien – Was lassen sich die Österreicher mittlerweile Wahlarztbesuche kosten? Wo steigen private Gesundheitsausgaben am meisten? Maria M. Hofmarcher, Ökonomin und Expertin für Gesundheitssysteme, hat Zahlen der Statistik Austria zu privaten Gesundheitsausgaben (die aktuellsten stammen aus dem Jahr 2014) nun um gewisse Faktoren wie Verwaltungsausgaben privater Krankenversicherungen bereinigt.

Demnach gaben private Haushalte rund 7,6 Milliarden Euro für Gesundheit aus. 729 Millionen Euro entfielen auf Selbstbehalte, etwa die Rezeptgebühr. Ein größerer Brocken auf Direktzahlungen (fast 5,3 Milliarden), die zuletzt um 4,4 Prozent im Jahr wuchsen.

Der größte Anteil (fast zwei Milliarden Euro) dieser direkten Zahlungen fließt im ambulanten Bereich, wo die Ausgaben seit 2010 jährlich aber weniger stark als zuvor stiegen.

Den größten Brocken macht die Zahnmedizin aus (674 Mio.), im Bereich der nichtärztlichen Gesundheitsberufe (etwa Physiotherapie) wurden 501 Millionen ausgegeben und für Wahlärzte 511 Millionen. So genau aufgeschlüsselt gab es diese Zahlen bisher nicht, was Hofmarcher kritisiert.

Stark stiegen private Direktausgaben für Pflegeleistungen zu Hause – die seit 2010 um fast 30 Prozent im Jahr wuchsen. Diese Entwicklung zeige steigende Nachfrage, so Hofmarcher. Ein gesteigertes Diagnosegeschehen (etwa in der Radiologie) sei ebenso zu erkennen. Erstmals wurden 2014 direkte Privatzahlungen an Pflegeheime ausgewiesen: 921 Millionen Euro machten diese aus.

Präventionsausgaben stiegen stark

Auch die Direktausgaben für Präventionsmaßnahmen stiegen zuletzt jährlich um 30 Prozent – allerdings geht Hofmarcher in dem Bereich auch von einer besseren Erfassung aus. Etwas mehr als die Wirtschaftsleistung stiegen direkte private Ausgaben für Heilbehelfe und Hilfsmittel etc., hier der größte Posten: Brillen (433 Millionen).

Für rezeptpflichtige und -freie Arzneimittel sowie für Verbrauchsgüter wie etwa Mullbinden betrugen die Ausgaben 2014 beinahe eine Milliarde Euro. Sie stiegen jährlich leicht an.

"Versteckte Selbstbehalte"

Fazit: Hofmarcher sieht in den Ausgaben für Wahlärzte "versteckte Selbstbehalte". Ein Ausbau der kassenärztlichen Versorgung sei "überfällig und aus sozialen Gesichtspunkten erforderlich", meint sie. Man solle sich bemühen, "Tarife außerhalb des Kassensystems regulatorisch besser zu erfassen". Es brauche zudem "vertiefende Analysen zur sozialen Dimension" von Selbstzahlungen und -behalten.

Für Behandlungen durch Wahlärzte wurden 2014 insgesamt 511 Millionen Euro ausgegeben, davon 389 Millionen nur für Wahlfachärzte.
Foto: APA/Helmut Fohringer

Daten der Sozialversicherung deuten auf steigende Ausgaben für Wahlärzte hin: Es wird erfasst, wie viel für eingereichte Rechnungen (fast die Hälfte dürfte nie bei einer Kasse landen) rückerstattet wurde. Patienten erhalten maximal 80 Prozent des Kassentarifs für eine Behandlung, Wahlärzte können weit mehr verlangen. Die Summe der Rückerstattungen der Kassen für Wahlarztrechnungen belief sich zuletzt auf 161 Millionen Euro – zum Vergleich: Vertragsärzte erhielten rund 2,5 Milliarden Euro. Seit dem Jahr 2000 verdreifachte sich demnach die Summe der Rückerstattungen für Wahlarzthonorare, jene für die Kassenärzte erhöhte sich um das Eineinhalbfache.

Frage der Versorgungswirksamkeit

Artur Wechselberger, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, sagte im STANDARD-Gespräch, dass es für Kollegen zunehmend attraktiver sei, Wahlarzt zu werden oder bleiben. Laut Ärztekammer gibt es bereits über 9500 und damit mehr Wahl- als Kassenvertragsärzte. Beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger heißt es dazu, nur ein Bruchteil dürfte versorgungswirksam sein. So hätten die Kassen laut eingetroffenen Honorarnoten im Jahr 2012 bei genau 770 Wahlärzten Summen zwischen 1000 und 10.000 Euro an Patienten rückerstattet, bei 239 Ärzten Summen von bis zu je 100.000 Euro und bei nur sieben Ärzten mehr.

Gruppenpraxen seien beliebt

Wechselberger hatte dafür plädiert, für Ärzte Anreize für Kassenverträge und längere Ordinationsöffnungszeiten zu schaffen. Beim Hauptverband heißt es dazu, man setze da auf das Modell der Primärversorgungszentren (PHC), das für Ärzte, die "keine Einzelkämpfer mehr sein wollen", attraktiv sein könne. Schon jetzt würden Gruppenpraxen "aus dem Boden schießen". Zum von Wechselberger beklagten hohen Administrationsaufwand heißt es beim Hauptverband: "Wir sehen die modernen Kommunikationsmittel als Entlastung" – und "ordentliche Dokumentation" gehöre einfach dazu. (Gudrun Springer, 20.8.2016)