Selfies sind in der heutigen Zeit unabdingbar.

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Rio de Janeiro – Usain Bolt ist keiner, der sein Licht unter den Scheffel zu stellen pflegt – ganz im Gegenteil. Er hält es da mit dem heuer im Juni verstorbenen Muhammad Ali, der sich diesbezüglich freilich stets den Ausweg des Augenzwinkerns offengehalten hat. Bei Bolt darf man sich da noch nicht ganz sicher sein. Nicht auszuschließen, dass der Jamaikaner doch gegen die erste Regel des Großsprechertums verstößt, die da lautet: Sitze ja nicht dem eigenen Schmäh auf.

Größe und Beweis

Dass Bolt Grund genug hat, sich auf Augenhöhe mit besagtem Ali und Pelé, dem brasilianischen allzeitbesten Kicker, zu wähnen, ist unbestritten. Über die lange Sprintstrecke erlief er am Donnerstag sein drittes Olympiagold in Serie. Und also: "Ich habe der Welt bewiesen, dass ich der Größte bin", erläuterte er.

Jetzt brauche er "nichts mehr beweisen". Selbst die 19,78 über die 200 Meter – Bolt hält mit 19,19 den Weltrekord – hatten ihn nur kurz geärgert. "Ich werde halt älter." Es war die langsamste 200-Meter-Zeit, mit der Bolt jemals ein großes Finale gewann. Doch die Fans im Olympiastadion sagen es wie der Sieger selbst ("Ich brauche nichts mehr zu beweisen.") und feierten den multiplen Olympioniken mit Sprechchören.

Bolt zog seine Show ab, zeigte seine Posen ("Bolt-Blitz") und tanzte ein bisschen zu Reggae-Musik. "Ich habe den Sport auf eine andere Ebene gehoben", war er sich einig mit sich und den Fans.

Remuneration

Trotz keiner Fabelzeit hat Bolt seine Stockerlkollegen – den Kanadier André de Grasse (20,02) und den Franzosen Christophe Lemaitre (20,12) – deutlich abgehängt. Und jetzt versucht er eben, geeignete Maßeinheiten für sich zu finden: "Ali und Pelé – ich hoffe, dass ich nach diesen Spielen in dieser Kategorie genannt werde."

Hilfreich dazu wäre es, das dritte Triple-Gold nach den 100 und den 200 Metern zu holen, das in der Staffel. Das wird – alles andere würde dann eine ordentliche Überraschung gewesen sein – in der Nacht auf Samstag der Fall gewesen sein. Mit dann neun Goldmedaillen würde er mit dem Finnen Paavo Nurmi (1920 bis 1928) und dem US-Amerikaner Carl Lewis (1984 bis 1996) gleichgezogen haben. Namen, mit denen der Kürzeststreckenläufer sich wohl auch vergleichen könnte, ohne gleich an Ansehen zu verlieren.

Diesbezüglich an der Grenze bewegt er sich mit Herausgerutschtem wie: "Ich habe den Sport spannend gemacht, ich habe es geschafft, dass die Leute den Sport sehen wollen." Denn genau betrachtet, war es natürlich umgekehrt: Es war der Sport, der die Leute dazu gebracht hat, Usain Bolt sehen zu wollen.

Und das wiederum war verantwortlich dafür, dass der Modellsprinter ganz ordentlich remuneriert wird. Auf mehr als 20 Millionen Dollar jährlich wird er geschätzt von den Auskennern. Dafür lohnt es sich schon, nach den sportlichen Ausnahmeleistungen den Kasperl zu machen, wie man in Theaterkreisen die Schauspieler gerne nennen.

Win-win-Situation

Neutral ließe sich sagen, beide – Bolt und Sport – haben voneinander profitiert, sodass es naheliegt, auch an die Zukunft zu denken. Die unmittelbare steht nächstes Jahr bevor. Bei der Weltmeisterschaft in London "werde ich auf jeden Fall die 100 Meter und die Staffel rennen".

Die Frage der 200 Meter solle aber der Trainer entscheiden. Ein schweres Amt. Und eines, das der Größte für sich selber kategorisch ausschließt. "Auf jeden Fall werde ich kein Trainer."

Was dann? Es pressiere diesbezüglich ja nicht. "Und für den Sport, meinen Sport, habe ich wohl schon genug getan."

Noch nicht genug allerdings, um dem einen, dem großen Mutterwunsch, nachzukommen. Jennifer Bolt, so kolportierte es der Sohn – in der Welt draußen mag er der Größte sein, in Mutteraugen klarerweise immer noch der kleine Windelscheißer! -, plant, Großmutter zu werden. Es gelte also, da die Unterhaltsfrage nun ja im Wesentlichen geklärt ist, endlich eine Familie zu gründen. Das aber ist, wie auch der Kleinste weiß, zuweilen eine ordentliche Mammutaufgabe. (sid, wei, 19.8.2016)