Wenn 93 Prozent der Ärzte der Gemeindespitäler bereit dazu sind, zu streiken, ist das ein beunruhigender Befund über die Zufriedenheit der Mediziner des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV). Die Diagnose kann kein Arbeitgeber ignorieren, wenn er seine Mitarbeiter behalten will. Erst recht nicht, wenn es von Berufs wegen um Leben und Tod geht.

Seit Wochen kommunizieren KAV und Ärztekammer nur noch in Schnappatmung. Die Novelle des Krankenanstaltenarbeitsgesetzes, die Anfang 2015 die ärztliche Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden beschränkt hat, kam nicht überraschend. Doch der KAV beharrte auf einer strikten Umsetzung ohne Übergangsfrist und kommunizierte den Medizinern damit – bewusst oder unbewusst -, dass ihr bisheriges Arbeitspensum in deutlich weniger Zeit erfüllt werden könnte. Mehr Personal wurde nicht eingestellt.

Effizienz mag ein berechtigtes Anliegen des Arbeitgebers sein, nur müssen dann die Rahmenbedingungen stimmen. Doch hier wurde geschlampt. Die Umstrukturierungen waren schlecht vorbereitet, die eigenen Vorgaben wurden immer wieder geändert. Dass dann der Frust der Ärzte weiter steigt, ist nachvollziehbar. Die Situation ist verfahren, und das Votum stärkt bloß die Position der Kammer. Sie muss jetzt beweisen, dass sie realistische Vorschläge für bessere Arbeitsbedingungen ausgearbeitet hat. Sie sollte nicht vergessen, wem sie verpflichtet ist – den Patienten. (Marie-Theres Egyed, 22.8.2016)