Showeinlage für die rumänische Polizei. Tom Öhler testet in Sibiu sein wiedergefundenes Rad.

Foto: Stefan Voitl

Innsbruck – Die Wiedersehensfreude war so groß, dass Kommissar Calinoiu Claudiu in den Genuss einer Privatvorführung kam. Tom Öhler trickste, der rumänische Polizist staunte. Vor zehn Monaten hatten Unbekannte das Rad des ehemaligen Welt- und Europameisters im Biketrial, einer Geschicklichkeitsdisziplin, aus seinem Keller in Innsbruck gestohlen. Nach aufwendiger Suche und glücklichen Fügungen hat er es im siebenbürgischen Sibiu/Hermannstadt wiedergefunden.

Der Profi-Biker ist eines von knapp 30.000 Opfern von Fahrraddiebstählen, die jährlich in Österreich angezeigt werden. Die Dunkelziffer liegt weitaus höher. Das Verkehrsministerium geht unter Berufung auf eine aktuelle Studie von 14-mal mehr Fällen aus. Der wirtschaftliche Schaden liege demnach zwischen 118 und 196 Millionen Euro pro Jahr. Doch die Aufklärungsrate ist mit 4,8 Prozent selbst bei den angezeigten Diebstählen mager.

Risiko in Wien am höchsten

Österreichs Hauptstadt der Fahrraddiebe ist Bregenz, wo auf 1000 Einwohner 15,5 gestohlene Räder kommen. Platz zwei geht an Innsbruck (zehn) und an dritter Stelle liegt Klagenfurt mit 9,4. In Wien wurden im Vorjahr mit 8929 Fällen die meisten Raddiebstähle angezeigt. Es zahle sich mittlerweile aus, Fahrräder zu stehlen, heißt es vonseiten des Bundeskriminalamts. Hochwertige Rennräder, Mountain- und E-Bikes kosten vierstellige Beträge, mitunter mehr. Das locke professionelle Banden an. Wiener Städtische Versicherung und Generali verzeichneten 2015 je rund 1800 Schadensfälle, die über Diebstahls- und vor allem Haushaltsversicherungen gedeckt waren. Um welche Summen es dabei geht, wird nicht verraten. Insgesamt dürften die von Versicherungen abgegoltenen Schadensfälle bei etwa 15.000, also der Hälfte aller angezeigten Diebstähle liegen.

Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) rät Radlern, ihr Gefährt gut abzusperren und die Rahmennummer zu notieren. Das Schloss sollte gut zehn Prozent des Kaufwerts des Rades kosten.

Suche in Eigenregie gestartet

"Der Weg über die Versicherung wäre der einfachere und billigere gewesen", sagt Öhler. Doch er hat das Unmögliche geschafft. Dabei hatte ihm selbst die Polizei nach der Anzeige im Oktober 2015 geraten, sich keine großen Hoffnungen zu machen. "Da waren Profis am Werk. Sie haben keine Spuren hinterlassen. Das Rad war im versperrten Keller noch zusätzlich angekettet."

Wie in der Bikeszene üblich, postete Öhler den Diebstahl auf seiner Facebook-Seite. Der Beitrag wurde oft geteilt: "Aber dann wurde es ruhig." Bis sich im Februar plötzlich ein junger rumänischer Trial-Fahrer bei ihm meldete. Er habe sein gestohlenes 6000-Euro-Bike im Internet gefunden. Tatsächlich versuchte jemand, es um 2100 Euro auf einer rumänischen Plattform zu verkaufen.

Der lange Dienstweg nach Rumänien

Öhler meldete den Fund der Polizei, doch die war weniger euphorisch. Der Dienstweg nach Rumänien sei lang. Das Rad bis dahin wohl wieder weg. Nun schaltete sich über einen Freund ein weiterer Rumäne namens "Sergio" ein, der vor Ort recherchierte. "Er ist Webentwickler und genervt davon, dass Rumänien so einen schlechten Ruf hat." Sergio fand heraus, wer das Rad zum Verkauf anbot und erstattete zusammen mit Öhler Anzeige bei der rumänischen Polizei. "Ich hab den Text auf Deutsch geschrieben, online übersetzt, und Sergio hat ihn noch mal korrigiert."

Dann passierte wieder nichts. "Ich konnte beobachten, wie der Preis täglich runterging. Am Ende stand er bei 1200 Euro. Plötzlich war der Eintrag weg." Schließlich der erlösende Anruf. Direkt vor dem Verkauf sei das Rad sichergestellt worden. Der Verkäufer war bereits Drittbesitzer, die Diebe konnten nicht ausgeforscht werden. Bis zum glücklichen Ende sollte es weitere sechs Monate und 1500 Kilometer Autofahrt dauern: "Die Polizisten waren überrascht. Ich bin der Erste, der sein Rad wieder abgeholt hat." (Steffen Arora, 23.8.2016)