Wien – Österreichs zweitgrößter Verlagskonzern Styria hat angekündigt, das "Wirtschaftsblatt" trotz ansehnlicher öffentlicher Presseförderung einzustellen. Die Reaktion der "Krone", flankiert von "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand und "Österreich", geht über eine Sommerkampagne weit hinaus – und zielt gleich direkt auf Medienminister Thomas Drozda (SPÖ). Der hat laut nachgedacht, öffentliche Werbegelder zu reduzieren und die formelle Presseförderung zu erhöhen. Hauptnutznießer der Regierungswerbung: die Massentitel "Krone", "Österreich" und "Heute".
Seit Mitte 2012 müssen öffentliche Stellen bekanntgeben, in welchen Medien sie für wie viel Geld geworben haben. Jährlich sind das rund 200 Millionen. Rund ein Viertel geht an "Krone", "Heute" und "Österreich". Mit diesen Titeln erreicht man die meisten Menschen (wenn man vom ORF absieht). Aber wofür buchen Öffis hier Inserate? Die "Krone"-Leser erfuhren im August etwa auf drei ganzen Seiten in einer Imagekampagne: "Daham spüt's mei Musi" – und was der Fonds Soziales Wien sonst so fördert ("Wien. Do geht's ma guad"). Ebenso auf einer ganzen Seite, dass die neue Ausgabe der städtischen Werbezeitung "Mein Wien" erschienen ist ("Mein Wien macht Spaß"). Die ÖBB kündeten auf mehreren ganzen Seiten vom Ausbau der Südstrecke bis 2026. Das Finanzministerium schaltete viele Kolumnen seines Ombudsmanns, der über Einfuhr von Souvenirs, Artenschutz und gefälschte Designerware informierte.
Verteilung der Inseratengelder
Seit Mitte 2012 gingen laut Medientransparenzdaten rund 80 Millionen Euro öffentliche Werbegelder für solche und ähnliche Inhalte Richtung "Krone", rund 53 Millionen an "Heute" und rund 52 Millionen an "Österreich". Der Rechnungshof fand heraus, dass wegen Ausnahmen nur die Hälfte bis zwei Drittel der öffentlichen Buchungen gemeldet werden. Für Presseförderung an alle Tages- und Wochenzeitungen (Gratistitel bisher ausgenommen) in vier Jahren 2012 bis 2015 gab die Republik rund 39 Millionen aus.
Die Presseförderung gibt es seit 1975, eine Beruhigungsmaßnahme für die gleichzeitig eingeführte Parteienförderung. Alle Kaufzeitungen bekommen etwas. Die "Kronen Zeitung" zum Beispiel erhielt seit 1975 10,5 Millionen Euro Presseförderung. Sie schrieb in den 40 Jahren Gewinne bis in Größenordnungen von 70 Millionen Euro (in einem Jahr).
Das "Wirtschaftsblatt" bekam seit seiner Gründung 1995 14,8 Millionen Presseförderung; der STANDARD seit seiner Gründung 1988 35,6 Millionen; "Die Presse", weil auch seit Beginn dabei, 53 Millionen Euro. Die 2014 eingestellte "Kärntner Tageszeitung" erhielt 39,6 Millionen.
Gutachten liegt seit 2012 vor
Ein großes Gutachten der Uni Wien für das Kanzleramt empfahl 2012, zumindest die "Gießkannen"-Förderung an alle Zeitungen einzustellen, mehr Förderung nicht marktbeherrschender Qualitätstitel und auch Onlinemedien zu fördern.
2014 kürzte das Kanzleramt indes die Förderung für kleinere Titel. Die "Salzburger Volkszeitung" musste aufgeben, die "Kärntner Tageszeitung" knapp vor der Kürzung. Seither gibt es mehr Fördergeld für die Gießkanne Vertriebsförderung als für die sogenannte Vielfaltsförderung.
Eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts IHS für den Zeitungsverband verwies 2014 auf 96 Millionen Zeitungsförderung in Italien, 60 in Schweden; Frankreich förderte 2013 direkt mit 87 und indirekt mit 337 Millionen.
Die österreichische Medienbehörde verteilt derzeit pro Jahr 8,8 Millionen Euro an Kauftages- und Wochenzeitungen. Für kommerzielle Privatsender hat sie pro Jahr 15 Millionen zur Hand, noch ohne 15 Millionen TV-Produktionsförderung.
Geld für Kronehit
Die Behörde unterstützt da etwa 2016 Kronehit mit rund 207.000 Euro, für ein Gemeindequiz, den Kronehit-Kindertraum, die Morning-Show und die Nachrichten des "Krone"-"Kurier"-Senders. Servus TV bekommt für seine Kooperation "Servus Krone" 200.000 Euro. Der im September startende "Österreich"-Fernsehkanal oe24TV erhält heuer 450.000 Euro Privatfunkförderung.
In einem ihrer Kommentare zu "Wirtschaftsblatt" und Presseförderung schrieb die "Krone" gerade: "Für die österreichische Demokratie wäre es gesünder, wenn die Politik ihre Finger aus den Medien und aus den Geldtöpfen zieht."
"Heute", gegründet vom ehemaligen Pressesprecher des langjährigen SPÖ-Chefs Werner Faymann, folgt diesem Ruf immerhin ein Stück: Die vom SPÖ-nahen "Heute"-Gründer geführte Stiftung und jene von Eva Dichand verkaufen gerade einen Minderheitsanteil an einen Schweizer Medienkonzern. (Harald Fidler, Markus Hametner, 24.8.2016)