Es geht weiter. Immer weiter.

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Wien – Teamchef Marcel Koller wirkte am Donnerstag nahezu runderneuert. "Es ist eine Freude, mich über Fußball austauschen zu können." Vor ein paar Wochen, als die äußerst bescheidene EM in Frankreich ebenso bescheiden analysiert wurde, war der 55-jährige Schweizer nicht gerade ein Ausbund an Selbstkritik gewesen, er hatte es bei Allgemeinplätzen belassen. Sportdirektor Willi Ruttensteiner und Präsident Leo Windtner hatten auch darauf verzichtet, sich zu geißeln. Die WM-Qualifikation, der Auftakt findet am 5. September in Tiflis gegen Georgien statt, steht an.

Neues Spiel, neue Chance. Von einem totalen Neubeginn wollte Koller nicht sprechen. "Wir müssen zur alten Schärfe zurückkehren, gemeinsame Lösung finden." Man werde weiterhin das 4-2-3-1-System praktizieren und pressen. Trotzdem verblüffte Koller mit einem für seine Verhältnisse nahezu radikalen Umbau. Es gibt gleich vier Debütanten: Tormann Andreas Lukse von Altach, den Rapidler Louis Schaub, den Salzburger Stefan Stangl und Michael Gregoritsch vom Hamburger SV. Valentino Lazaro ist ebenfalls dabei, den Sprung in den EM-Kader hatte er knapp verpasst.

Gekommen, gegangen

Fußball ist ein Kommen und ein Gehen, gegangen sind, gegangen wurden: Heinz Lindner, der ein Leben als Ersatztormann bei Eintracht Frankfurt fristet, György Garics, Jakob Jantscher, Rubin Okotie, der in der zweiten chinesischen Liga angeheuert hat, was nicht nur ein geographisches Problem ist. Christian Fuchs hat sich mit dem Rücktritt selbst aus dem Spiel genommen. Koller möchte den Alterungsprozess stoppen. "Sonst stehen wir irgendwann mit lauter 34-Jährigen da. Wir müssen die Altersgrenze runterschieben." Die Neuen werden übrigens die Zeit bekommen, "die sie benötigen. Alle haben sich die Einberufung verdient."

Lukse (28) trug zum Höhenflug des SCR Altach bei, Österreichs hat endlich einen dritten Tormann, "der auch Einsätze hat". Ad Stangl: Der ist 24, könnte langfristig die Nachfolge von Fuchs als linker Außenverteidiger antreten. "Gutes Defensivverhalten mit Zug nach vorne." Der 21-jährige Schaub ist "bei Rapid sehr gut drauf. Er spielt mit Freude, hat Spaß, ist dribbelstark, macht Tore." Koller sieht Schaub als Außenstürmer, er könnte Martin Harnik den Platz rechts in der Offensive stibitzen, vielleicht schon in Tiflis.

Fußstapfen

Gregoritsch (22) soll irgendwann der neue Mittelstürmer werden. Noch ist Marc Janko im Amt, die Iden seiner Karriere hat er mit 33 aber überschritten. Gregoritsch wird in Hamburg allerdings ins Mittelfeld gestellt. Koller: "Janko hat immer und überall Tore gemacht. Aber wir haben auf dieser Position sicher ein Problem, es rennen in Österreich die Mittelstürmer nicht herum." Gregoritsch besitze durchaus einen Torriecher. "Er ist groß, kopfballstark. Es wäre zu viel verlangt, in die Fußstapfen von Janko treten zu müssen." Mit dem 20-jährigen Lazaro hat Koller ganz Spezielles, eine Verwandlung vor.

Der Salzburger, ein Offensiver, soll rechts in die Verteidigung rücken, also Florian Klein zumindest herausfordern. In einem Gespräch mit Koller hat sich Lazaro damit angefreundet, wobei ein Protest kaum zu erwarten war. Koller. "Er kann seinen Offensivdrang durchaus ausleben, es ist unser Stil, sehr hoch zu verteidigen." In Stein gemeißelt sei all das natürlich nicht. "Man muss abwarten, wie sich die Dinge entwickeln." Rapids Stefan Schwab hat es vorerst nicht geschafft. Sein Pech ist, dass im zentralen Mittelfeld ein Überangebot herrscht. An David Alaba, Julian Baumgartlinger, Alessandro Schöpf und Stefan Ilsanker beißen sich andere als Schwab die Zähne aus.

Schwieriger

Die Mannschaft trifft sich am Dienstag in Wien. Koller wird den neuen Kapitän benennen, Baumgartlinger wäre kein Wunder. Natürlich wird Frankreich aufgearbeitet. Der Fokus ist freilich auf Georgien gerichtet. "Das ist kein Zuckerschlecken." Das gilt für die gesamte Qualifikation, die weitern Hürden sind Wales, Irland, Serbien und Moldau. Nur der Gruppensieger ist fix bei der WM in Russland. Koller: "Das wird schwieriger als die EM-Quali. Das wissen wir, wir sind nicht dumm." (Christian Hackl, 25.6.2016)

ÖFB-Kader für das WM-Quali-Spiel in Georgien (5.9.)

TOR:
Robert Almer (Austria, 31 Länderspiele)
Andreas Lukse (Altach, 0)
Ramazan Özcan (Leverkusen, 7)

VERTEIDIGUNG:
Aleksandar Dragovic (Leverkusen, 49, 1 Tor)
Martin Hinteregger (RB Salzburg, 17/0)
Florian Klein (Stuttgart, 40/0)
Sebastian Prödl (Watford, 59/4)
Markus Suttner (Ingolstadt, 16/0)
Stefan Stangl (RB Salzburg, 0)
Kevin Wimmer (Tottenham, 4/0)

MITTELFELD:
David Alaba (Bayern, 49/11)
Marko Arnautovic (Stoke, 55/10)
Julian Baumgartlinger (Leverkusen, 48/1)
Martin Harnik (Hannover, 60/14)
Stefan Ilsanker (RB Leipzig, 18/0)
Zlatko Junuzovic (Bremen, 49/7)
Valentino Lazaro (RB Salzburg, 4/0)
Marcel Sabitzer (RB Leipzig, 21/3)
Louis Schaub (Rapid, 0)
Alessandro Schöpf (Schalke, 7/2)

STURM:
Michael Gregoritsch (HSV, 0)
Lukas Hinterseer (Ingolstadt, 11/0)
Marc Janko (Basel, 56/26)

Auf Abruf:
Daniel Bachmann (Stoke, 0)
Heinz Lindner (Eintracht Frankfurt, 8)
György Garics (Darmstadt, 41/2)
Stefan Lainer (RB Salzburg, 0)
Andreas Lienhart (Altach, 0)
Philipp Lienhart (Real Madrid, 0)
Michael Madl (Fulham,0)
Andreas Ulmer (RB Salzburg, 3/0)
Guido Burgstaller (Nürnberg, 9/0)
Florian Grillitsch (Bremen, 0)
Jakob Jantscher (Luzern, 23/1)
Florian Kainz (Bremen, 1)
Stefan Schwab (Rapid, 0)
Deni Alar (Sturm, 0)
Rubin Okotie (Beijing Enterprises, 18/2)
Karim Onisiwo (Mainz, 1/0)