Wenn Medikamente mit Alkohol kombiniert werden, "könnte es zu einer sofortigen Freisetzung der gesamten Arzneistoffmenge kommen, also zu einer Überdosierung, die schwere gesundheitliche Schäden nach sich ziehen kann", warnt die Pharmakologin Eva Roblegg von der Uni Graz.

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Graz – Alkohol und Arzneimittel vertragen sich nicht. Das war zumindest bislang der Fall. Doch Forscher der Universität Graz haben nun Kügelchen mit sogenannten Porenblockern entwickelt. Sie sollen verhindern, dass der Alkohol die Tabletten, die ihren Inhalt nur nach und nach an den Körper abgegeben sollten, sofort auflösen. Damit sollen Patienten vor einer Überdosierung geschützt werden.

Pharmazeutika, die ihre Wirkstoffe über längere Phase abgeben, enthalten – im Gegensatz zu schnell freisetzenden Präparaten – höhere Arzneistoffmengen. Deshalb haben sie eine Art Zeitmesser eingebaut, der kontrolliert, wie, wann und wie lange Wirkstoffe freigesetzt werden. Patienten, die an chronischen Schmerzen, Depressionen oder Herz- oder Gefäß-Erkrankungen leiden, benötigen solche Medikamente, die den Inhaltsstoffe über mehrere Stunden abgeben.

"Wenn diese Mittel mit Alkohol kombiniert werden, könnte es zu einer sofortigen Freisetzung der gesamten Arzneistoffmenge kommen, also zu einer Überdosierung, die schwere gesundheitliche Schäden nach sich ziehen kann. Das betrifft vor allem Substanzen, bei denen die heilsame Dosis nicht weit von der toxischen Menge entfernt liegt", erklärt Eva Roblegg vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz.

Alkohol zerstört Schutzschicht

Gemeinsam mit Simone Eder hat die Pharmakologin ein Medikament entwickelt, bei dem die unkontrollierte Ausschüttung der Wirkstoffe nicht passiert, selbst wenn man dieses mit Alkohol einnimmt. "Gerade für die Therapie von Schmerzpatienten, in der es mitunter zu einem krankheitsbedingten Alkoholmissbrauch kommen kann, ist uns damit ein wichtiger Schritt zu mehr Sicherheit gelungen", so Roblegg.

Kontrollmechanismen, die die Abgabe der Inhaltsstoffe von Medikamenten steuern, stecken bisher beispielsweise in Filmüberzügen von Tabletten. "Nimmt man eine solche Tablette mit Wasser ein, bleibt diese Schranke aufrecht. Zerstört wird sie jedoch durch das in alkoholischen Getränken enthaltene Ethanol."

Porenblocker reagiert nicht auf Hochprozentiges

Das Medikament, das Roblegg und Eder entwickelt haben, verzichtet auf die üblichen Kontrollmechanismen. Stattdessen haben die beiden Arzneistoffkügelchen entworfen, die sie mit Porenblockern ausgestattet haben. "Das sind Substanzen, die weder mit Alkohol noch mit Wasser wechselwirken. Diese Blocker unterbinden die Quellbarkeit der sogenannten Matrix – das heißt, auch wenn die Pellets mit Alkohol kombiniert werden, nimmt das keinen Einfluss auf die gesteuerte Abgabe der Wirkstoffe."

Getestet wurden die Pellets mit Getränken, deren Alkoholgehalt sich zwischen fünf und 40 Prozent bewegte. Die Wissenschafter verwendeten dafür eine spezielle Apparatur, die den Magen-Darm-Trakt simuliert. In einem weiteren Schritt soll untersucht werden, welchen Einfluss Alkohol auf die natürlichen Barrieren des Körpergewebes im Magen-Darm-Trakt hat und wie sich eine eventuelle Veränderung der Barrieren auf die Resorption von Arzneistoffen auswirkt. (APA, red, 25.8.2016)