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Die Feuerwehrleute in den schwedischen Städten stehen im Dauereinsatz. Nahezu jede Nacht wird ein Fahrzeug angezündet.

Foto: TT News Agency/Johan Nilsson/via REUTERS

Malmö/Kopenhagen/Wien – Als Lars Förstell von der Polizei Malmö vor wenigen Tagen dem dänischen Fernsehen ein Interview gab, machte er vor den Reportern eine düstere Vorhersage: "Wenn Sie die Bilder von den Autobränden in Schweden zeigen, dann wird es auch bald in Dänemark brennen."

Seit vergangener Woche standen auch in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen dutzende Fahrzeuge in Brand. Mehr als zwanzig Autos und drei Mopeds wurden bis dato ein Raub der Flammen. "Wir waren nicht gänzlich überrascht", sagt Henrik Møller Jakobsen von der Polizei Kopenhagen. Ein 21-jähriger Verdächtiger wurde festgenommen, mehr Details verrieten die ermittelnden Beamten noch nicht.

Die Feuer in Malmö, das nur eine Fahrt über die Öresund-Brücke von der dänischen Hauptstadt entfernt liegt, hätten sie das bereits befürchten lassen. Die Behörden kooperieren, um einen möglichen Zusammenhang herauszufinden. Auch in der norwegischen Hauptstadt Oslo standen vergangene Woche Fahrzeuge in Brand.

Schwierige Ermittlungen

Seit Juni waren es rund 120 Autos, die in der südschwedischen Stadt in Flammen aufgegangen waren. Die Vermutung der Behörden: Es soll sich um die Taten von frustrierten Jugendlichen handeln, die nichts zu tun haben, wie Förstell sagt. Organisiert sollen sie nicht sein, sie würden sich eher gegenseitig inspirieren.

Drei Verdächtige befinden sich aktuell in Polizeigewahrsam. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig. Dabei sieht Förstell keine besondere Häufung der Straftaten. In einem durchschnittlichen Jahr würden 300 bis 500 Autos brennen, die meisten in den Sommermonaten. Bis jetzt waren es heuer in Malmö insgesamt 200 Autos – im vergangenen Jahr waren zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 300 Fahrzeuge angezündet worden.

"Alle 24 Stunden ein Auto"

Dem stimmt Kjell Lindgren von der Polizei in Stockholm zu: "Ich bin seit 1974 Polizist, und seitdem brennt alle 24 Stunden irgendwo ein Fahrzeug." In einigen Fällen würden die Fahrzeuge von den Haltern selbst in Brand gesteckt werden, um die Versicherung zu betrügen. Bei manchen Bränden handelte es sich laut Lindgren um Unfälle. Eine Neuerung gibt es laut Lindgren aber doch: "Die geografische Verteilung: Früher war nur Stockholm betroffen, heute brennt es im ganzen Land." Er befürchtet, dass es mittlerweile bereits einen Konkurrenzkampf unter den Brandstiftern der verschiedenen Städte gibt, in welcher Region mehr Autos brennen.

Die schwedischen Behörden arbeiten an einer Untersuchung der Vorfälle. Der fertige Bericht soll im September vorliegen. Doch bereits jetzt will die Politik Änderungen. Vor wenigen Tagen forderte Justizminister Morgan Johansson bei einer Pressekonferenz, dass Personen, die Autos angezündet haben, schneller verurteilt und strenger bestraft werden. Vandalismus soll auf die gleiche Stufe wie Diebstahl gestellt werden. Mehr Polizisten und mehr Kameras sollen die Verbrechen eindämmen, so Premier Stefan Löfven: "Wir werden alles tun, was wir können."

Sozialwissenschaftler Per-Olof Hallin von der Universität Malmö glaubt, dass die Brände ein Ausdruck sozialer Ungleichheit sind, wie er von der norwegischen Nachrichtenagentur NTB zitiert wird. Er rechnet mit weiteren Feuern. Die Brandstiftungen rühren laut Hallin wahrscheinlich von einer sozialen Ausgrenzung der Täter her. Laut dem Kriminologen Manne Gerell sollte der Zusammenhang stärker untersucht werden, sagte er Sveriges Radio. Es gebe zwar Hinweise darauf, aber keine logische Konsequenz, dass arme Menschen Autos anzünden.

Feuerwehrmann klagt an

Das sieht auch der schwedische Feuerwehrmann Kaj Engelke in einem Zeitungskommentar, der an die Täter gerichtet war, so: "Meine Kindheit war die Hölle. (...) Ich war, wo du warst, und viele meiner Kameraden ebenfalls. (...) Doch wir arbeiten, um dieser Gemeinschaft zu helfen. Denk darüber nach." Engelke klagt die Täter an, die ihn dazu zwingen, krebserregenden Rauch einzuatmen, um seinen Pflichten nachzukommen: "Du schadest der Gemeinschaft, ich helfe ihr." (Bianca Blei, 29.8.2016)