Energieeffizienz versus Risiken für die Gesundheit: An der Umrüstung der alten Straßenbeleuchtung auf moderne LED-Technik scheiden sich auch in Österreich die Geister.

Foto: Heribert Corn

Innsbruck – Das Ziel war ein hehres. Energie sparen wollte man im oberösterreichischen Micheldorf. Dafür wurde die Straßenbeleuchtung vor vier Monaten auf Leuchtdioden (LED) umgerüstet. Doch vor zwei Wochen wurden die neuen Lampen wieder abmontiert. "Viele Leute in unserer Siedlung konnten nicht mehr schlafen", erzählt Herbert Petter, der aus Protest gegen die zu grellen Lampen eine Bürgerinitiative gegründet hat. Doch nicht nur in Micheldorf regt sich Widerstand gegen LED-Straßenbeleuchtung. In New York wird das Ende der Romantik im Central Park beklagt, und in Malta wurde eigens eine Petition gestartet, um die neuen Lampen wieder auszutauschen.

In Innsbruck zeigt man sich davon unbeeindruckt. Bis 2020 wird die gesamte Straßenbeleuchtung auf LED umgestellt. 10.300 Lichtpunkte im gesamten Stadtgebiet werden zum Preis von 5,2 Millionen Euro auf Leuchten umgerüstet, die neutralweißes Licht mit einer Farbtemperatur von 4000 Kelvin produzieren – im Sinne der Energieeffizienz und um die Lichtverschmutzung zu senken. Doch auch hier regt sich erste Kritik. Und zwar an der gewählten Farbtemperatur, die einen zu hohen Anteil an blauem Licht aufweise.

Studie befürchtet negative Auswirkungen

Die Argumente gegen die stromsparenden Leuchten sind immer dieselben: Sie würden blenden, und die Lichtfarbe sei unangenehm kalt. Die Blendung ist ein lösbares Problem, das derzeit Gegenstand intensiver Forschung ist. Zudem liegt sie oft darin begründet, dass Leuchten falsch montiert werden, wie etwa in Micheldorf. Umstrittener ist die Problematik der Lichtfarbe. Vor allem, seit im Juni dieses Jahres die American Medical Association (AMA) eine Studie veröffentlicht hat, in der sie mögliche negative Auswirkungen blauen LED-Lichts auf den menschlichen Organismus nennt. Von Schlaflosigkeit bis hin zu schweren chronischen Erkrankungen und sogar Krebs ist die Rede.

Experten sehen keine Gefahr

Doch bewiesen ist allein, dass ein zu hoher Anteil an blauem Licht, wie er in neutral- oder kaltweißen LEDs vorkommt, den Melatoninhaushalt des Menschen beeinflusst. Bei Bildschirmen, Smartphones und Tablets ist das ein bekanntes Problem. Wer sich nachts hohen Dosen dieses Lichtes aussetzt, hemmt die Melatoninbildung im Körper und wird Probleme mit dem Einschlafen haben. Der Nachtmodus reduziert die Farbtemperatur bei diesen Geräten auf 3000 Kelvin oder weniger. Ob allerdings Straßenbeleuchtung einen solchen Einfluss haben kann, ist unter Experten umstritten.

Rudolf Hornischer, Leiter des Lichttechniklabors der Stadt Wien, denkt nicht, "dass gesundheitliche Schäden ableitbar" sind. In Wien sind bereits 8000 Standorte auf LED-Leuchten umgerüstet, bis 2020 sollen 50.000 weitere folgen.

Auch der Tiroler Landesumweltanwalt Johannes Kostenzer kennt die Diskussion. Die Kritik an LEDs komme vor allem aus den Reihen der Astronomen, die den Sternenhimmel schlechter beobachten können. Für Kostenzer überwiegen die Vorteile: "Lieber habe ich 4000 Kelvin als gar keine Umstellung auf LED." (Steffen Arora, 29.8.2016)