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Islam Karimow, selbsterklärtes "Bollwerk der Stabilität".

Foto: REUTERS/Shamil Zhumatov/

Taschkent/Wien – Das offizielle Dementi kam, kaum dass die ersten Gerüchte die Runde gemacht hatten: Nein, der Präsident Usbekistans sei nicht verstorben – ja, Islam Karimow habe einen Schlaganfall, genauer: eine Hirnblutung, erlitten. Und ja, ließ die Tochter des Staatschefs verlautbaren, er werde auf der Intensivstation in Taschkent behandelt. Und ja, sein Zustand sei "stabil".

Ob Karimow tatsächlich schon verstorben ist, war am Dienstag nicht unabhängig zu eruieren. Die Behörden scheinen alles daranzusetzen, dass keine Informationen nach außen dringen – und das soll wohl bis nach den Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der Unabhängigkeit Usbekistans morgen, Donnerstag, auch so bleiben. Denn die politische Lage im Land kann als durchaus brisant bewertet werden – dabei galt Usbekistan jahrzehntelang als Garant für Stabilität für die gesamte zentralasiatische Region.

Autoritärer Regierungsstil

Der wohl wichtigste Grund für diese relative Stabilität lag in der Person des Präsidenten selbst begründet: Der heute 78-Jährige regiert das Land seit dessen Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 mit autoritären Mitteln – wie dies auch in mehreren Nachfolgestaaten der UdSSR der Fall ist oder war.

Schon seit Jahren herrscht hinter den Kulissen Unruhe im politischen Gefüge des Landes, weil Karimow bisher keinerlei Anstalten machte, seine politische Nachfolge zu regeln oder zumindest Weichenstellungen zu setzen. Eine Haltung, die sich als gefährlich herausstellen könnte, da mit einem handlungsunfähigen – oder gar verstorbenen – Präsidenten der Machtkampf voll ausbrechen dürfte, ohne Gewissheit über seinen Ausgang zu haben.

Laut Verfassung müsste jetzt Nigmatilla Juldaschew, der Vorsitzende des Oberhauses im Parlament, die Amtsgeschäfte interimistisch übernehmen. In der Folge müsste innerhalb von drei Monaten ein neues Staatsoberhaupt gewählt werden.

Wie im benachbarten Turkmenistan 2006, wird der Machtwechsel auf inoffizieller Ebene von der politischen Elite entschieden werden, denn eine starke Opposition ließ der autoritäre Führungsstil Karimows freilich nicht zu.

Als potenzielle Anwärter auf das Präsidentenamt gelten Schawkat Mirsijojew, der seit 2003 Premierminister ist, aber auch dessen Stellvertreter Rustam Asimow, der verantwortlich für Finanzfragen und die Außenwirtschaft des Landes ist. Auch mit dem Chef des einflussreichen usbekischen Sicherheitsdienstes, Rustam Inojatow, ist zu rechnen.

Verhaftung dementiert

Als Anzeichen für einen sich zuspitzenden Machtkampf um Karimows Nachfolge kann die Nachricht der Verhaftung von Asimow gelten, die aber am Dienstag in Taschkent wieder dementiert wurde: Asimow sei wie gewohnt an seinem Arbeitsplatz, teilte das Ministerium lapidar nach Angaben der Agentur Interfax mit.

Russische Medien zitieren politische Beobachter, die eine Destabilisierung des Landes befürchten, sollte die Nachfolge Karimows nicht zügig gelöst werden. Die Hauptsorge ist, dass in einem solchen Fall islamistische Kräfte in der mehrheitlich muslimischen Ex-Sowjetrepublik an Einfluss gewinnen könnten.

Solche Gruppen haben seit den 1990er Jahren – als die "Islamische Bewegung Usbekistans" (IMU) gegründet wurde – versucht, in dem an Afghanistan grenzenden Land Fuß zu fassen. Die Gruppe hat aufseiten der Taliban gekämpft und unterstützt neuerdings auch die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Die IMU beanspruchte im Jahr 2014 einen Anschlag auf einen Flughafen in Pakistan für sich.

Karimow, der regelmäßig mit Kritik internationaler Menschenrechtsorganisationen konfrontiert wurde, ging stets mit harter Hand gegen islamistische Gruppierungen vor und bezeichnete sich gern als "Bollwerk der Stabilität" inmitten von Krisenherden. Beobachter sind sich jedenfalls einig, dass der Tod Karimows die gesamte Region auf eine harte Probe stellen wird. (moj, gian, 30.8.2016)