Das Bild aus dem IS-Magazin al-Nabaa soll Abu Mohammed al-Adnani zeigen

Foto: APA/AFP/AL-NABAA

Beirut/Damaskus – Er war der Propagandachef der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) und soll für die Planung von Anschlägen in Europa verantwortlich gewesen sein. Nun ist IS-Anführer Abu Mohammed al-Adnani in Syrien getötet worden, wie die IS-nahe Agentur Amaq meldete. Nach den USA nahm am Mittwoch Russland den Luftangriff auf al-Adnani für sich in Anspruch. Dessen Tod ist ein schwerer Rückschlag für den IS.

Al-Adnani sei in der nordsyrischen Provinz Aleppo getötet worden, als er Militäreinsätze in der Region überwacht habe, meldete Amaq am Dienstagabend. Zum Zeitpunkt und den genauen Umständen seines Todes machte die Agentur keine Angaben.

Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums wurde al-Adnani am Dienstag bei einem "Präzisionsschlag" der US-geführten Anti-IS-Koalition in der Stadt Al-Bab in Aleppo ins Visier genommen. Das Pentagon wollte seinen Tod allerdings zunächst nicht bestätigen. "Wir bewerten derzeit noch die Ergebnisse des Angriffs", sagte Ministeriumssprecher Peter Cook.

Washington spricht von "Witz"

Die Angaben Moskaus, russische Streitkräfte hätten al-Adnani getötet, wies Washington scharf zurück. Solche Behauptungen seien "ein Witz", hieß es am Mittwoch aus US-Verteidigungskreisen in Washington. Bei dem Angriff auf Al-Adnani sei eine US-Kampfdrohne zum Einsatz gekommen. Pentagon-Sprecher Cook sagte, die USA hätten "keinerlei Informationen darüber, welche die russische Darstellung stützen würden".

Die Regierung in Moskau hatte zuvor erklärt, al-Adnani sei bei einem russischen Luftangriff in der Nähe des Dorfes Um Hosh in der Provinz Aleppo getötet worden. Bei dem Bombardement seien "bis zu 40" IS-Kämpfer getötet worden, unter ihnen auch al-Adnani. "Der Schlag gegen Al-Adnani ist ein großer Erfolg des russischen Militäreinsatzes", sagte der Chef des Verteidigungsausschusses in Moskau, Wladimir Komojedow.

Fünf Millionen Kopfgeld

Pentagon-Sprecher Cook bezeichnete al-Adnani als wichtigsten Sprecher des IS und den "Chefarchitekten" von Anschlägen außerhalb des IS-Gebiets. Er habe neue IS-Kämpfer rekrutiert, deren Einsätze koordiniert und zu Attentaten sogenannter einsamer Wölfe aufgerufen. Die USA hatten ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar (4,4 Millionen Euro) auf ihn ausgesetzt.

Nach Erkenntnissen westlicher Geheimdienste war al-Adnani auch direkt an der Planung von Anschlägen in Europa beteiligt, etwa in Paris, Brüssel und am Istanbuler Flughafen. "Es ist eine wichtige Nachricht für Europa, dass der Chef dieser Einheit getötet wurde", sagte der Terror-Experte der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik, Guido Steinberg.

Für den Jihadismus-Experten Charles Lister ist der Tod des IS-Sprechers "ein großer Rückschlag" für die Extremistengruppe. Der Experte Hisham al-Hashimi bezeichnete seine Tötung als Anzeichen dafür, dass der IS nicht einmal mehr seine ranghöchsten Anführer schützen könne. Der US-Geheimdienst wisse inzwischen sehr genau über die Führungsspitze des IS Bescheid.

Angriffe "mit Messern oder Fahrzeugen"

Al-Adnani hatte im September 2014 die IS-Anhänger aufgerufen, "Ungläubige" in westlichen Staaten mit allen Mitteln zu töten – auch mit Messern oder Fahrzeugen. Damit könnte er etwa den Attentäter von Nizza inspiriert haben, der im Juli auf der Strandpromenade der südfranzösischen Stadt mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge gefahren war.

Der 1977 im syrischen Idlib geborene Al-Adnani war eines der Gründungsmitglieder des IS. Anfang der 2000er Jahre schloss er sich den Jihadisten im Irak an und schwor dem Chef von Al-Kaida im Irak, Abu Mussab al-Zarqawi, die Treue. Aus der Gruppe ging später die IS-Miliz hervor. Nach der Eroberung großer Gebiete in Syrien und Irak rief al-Adnani im Juni 2014 in einer Audiobotschaft das "Kalifat" des IS aus und erklärte IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi zum Kalifen.

Die sunnitischen Extremisten haben in den vergangenen Monaten mehrere hohe Anführer verloren. Erst im Juli hatte die IS-Miliz den Tod ihres Militärchefs Omar al-Shishani ("Omar der Tschetschene") im irakischen Mossul bestätigen müssen. Im März gab US-Verteidigungsminister Ashton Carter die Tötung des IS-Finanzchefs Abdelrahman al-Kaduli bekannt. Er galt als die "Nummer zwei" des IS hinter al-Bagdadi. (APA, AFP, 31.8.2016)