Aufnahme von 67P/Tschurjumow-Gerassimenko aus 85 Kilometern Entfernung.

Foto: ESA/Rosetta/NAVCAM

Mit dem in Österreich entwickelten Instrument Midas reiste das erste Rasterkraftmikroskop ins All.

Foto: Mark Bentley

Video: 3-D-Modell der Staubpartikel.

NPG Press

Graz/Wien – Das Ende der Kometenmission Rosetta der Europäischen Weltraumorganisation Esa naht: Am 30. September soll die Raumsonde nach mehr als zwölf Jahren Reise auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko landen (oder aufschlagen) – und in einem letzten Kraftakt zahlreiche Messungen aus nächster Nähe durchführen.

"Für uns beginnt die Arbeit damit erst richtig", sagt Mark Bentley vom Grazer Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zum STANDARD. Dann gilt es, die Unmengen von Daten zu analysieren, die Bentley und sein Team mithilfe des maßgeblich in Graz entwickelten Instruments Midas (Micro-Imaging Dust Analysis System) gesammelt haben. Midas befindet sich an Bord der Sonde, um Staubteilchen um den Kometen einzufangen und deren Struktur mithilfe eines Rasterkraftmikroskops zu analysieren.

Staubige Überraschung

Ergebnisse gibt es aber auch jetzt schon: Bentley und Kollegen berichten aktuell im Fachblatt "Nature" von der überraschenden Entdeckung, dass die bislang analysierten Staubpartikel aus kleineren Teilchen bestehen, die wiederum aus noch kleineren geformt wurden. "Wir haben es sozusagen mit Aggregaten von Aggregaten zu tun", so der Grazer Forscher.

In der Frühphase der Mission hatten die Forscher noch befürchtet, möglicherweise leer auszugehen, erzählt Bentley: "Wir haben wirklich winzige Körnchen erwartet, etwa einen Mikrometer und kleiner. Aber davon war nichts zu sehen." Dann tauchten plötzlich einige zigfach größere Staubpartikel auf. Bentley: "Das verursachte zuerst Probleme, da unsere Instrumente nicht auf diese Größenordnung ausgerichtet sind." Doch dann klappte die Analyse und zeigte: Die Formen und Strukturen der Partikel unterscheiden sich in einigen Details, doch alle sind aus noch kleineren Teilchen zusammengesetzt, die sich wiederum ähneln.

Blick in die Vergangenheit

Das hat einerseits Implikationen für die Prozesse auf dem Kometen selbst: Die Beschaffenheit der Staubpartikel an der Oberfläche des Kometen beeinflusst etwa, wie leicht Gas aus dem eisigen Inneren nach außen dringen kann. Vor allem lässt aber die morphologische Ähnlichkeit gefundener Teilchen mit interstellarem Staub – also mit Material von außerhalb des Sonnensystems – aufhorchen. "Solche Ähnlichkeiten von interstellarem Staub und Teilchen auf und um Kometen könnten bedeuten, dass es sich um unverändertes Material aus der Frühzeit des Sonnensystems handelt", sagt Bentley.

Eine andere Erklärung wäre, dass das Ursprungsmaterial da wie dort ähnliche Prozesse durchlaufen hat. Mit weiteren Details aus Graz darf jedenfalls gerechnet werden. Bentley: "Es ist zwar schade, dass die Mission endet, aber auch eine Erleichterung: Jetzt können wir uns endlich vollständig der Datenanalyse widmen." (David Rennert, 31. 8. 2016)