Seine Wahl sorgt für Konflikte innerhalb der islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ): designierter Präsident Ibrahim Olgun.

foto: apa/iggiö

Wien – Ob der gewählte Präsident sein Amt antreten kann – oder ob es zu einer Neuwahl kommt -, werde schon "demnächst" entschieden, sagt Oliver Henhapel vom Kultusamt im Bundeskanzleramt. Dem Vernehmen nach sind damit die nächsten 14 Tage gemeint.

Das Kultusamt vollzieht die religionsrechtlichen Vorschriften des Staates gegenüber allen Glaubensgemeinschaften. Nun steht es unmittelbar vor einem auch politisch sensiblen Beschluss. Es muss darüber befinden, ob die Wahlaufsichtsbeschwerden von zwei arabisch konnotierten Kultusvereinen innerhalb der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) gegen die Kür von deren designiertem türkischstämmigem Präsidenten Ibrahim Olgun berechtigt sind oder nicht.

"Ungültige Wahlordnung"

Olguns Wahl am 19. Juni 2016 sei auf Grundlage einer "ungültigen Wahlordnung" erfolgt und daher rechtswidrig, bemängeln die Beschwerdeführer. Die Wahlordnung fuße auf der neuen Verfassung der IGGiÖ, die "in den Gremien nicht die ausreichende Mehrheit bekommen" habe.

Abseits solch formalrechtlicher Argumente kamen vom Sprecher der Beschwerdeführer, Senad Isiz, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag schwere Vorwürfe gegen Olgun. Nach dessen Wahl sei "die Glaubensgemeinschaft mehr denn je entfernt von einem in Österreich beheimateten Islam und so ethnisch einseitig dominiert wie nie zuvor", sagte er.

Anwalt: IGGiÖ-"Putsch"

Und er stellte die Frage: "Ist Olgun der wahre Präsident oder bloß ein Befehlsempfänger des türkischen Botschaftsrates?" Norbert Haselhofer, Anwalt der beschwerdeführenden Multikulturellen Moscheeinitiative, sprach gar von einem "Putsch" innerhalb der IGGiÖ – und von einer "Türkisierung".

Damit erwähnten die beiden die Verbindungen des Theologen Olgun mit einer Organisation, die dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nahesteht. Vor seiner Wahl zum IGGiÖ-Chef war Olgun Integrationsbeauftragter der "Türkisch Islamischen Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit" (Atip). Diese ist nach dem Putschversuch in der Türkei und den darauffolgenden politischen Entwicklungen zusätzlich in die Kritik geraten.

IGGiÖ-Sprecher: alles rechtmäßig

"Olguns Wahl war rechtmäßig", hält dem IGGiÖ-Pressesprecher Mahmut Ersoy entgegen. Von zu großem türkischen Einfluss in der Glaubensgemeinschaft – deren Mitglieder zu 70 Prozent einen türkischen Hintergrund haben – könne nicht die Rede sein.

Kritik üben die Anti-Olgun-Beschwerdeführer aber auch am österreichischen Kultusamt. Dieses habe, zum Beispiel, das Beschwerdeverfahren durch knappe Fristsetzungen erschwert. Längere Fristen hätten das Verfahren über den Herbst hin erstreckt – um den Preis der Beschlussunfähigkeit der IGGiÖ, hält dem Henhapel entgegen. In diesem Fall wäre etwa die Neuberstellung von Religionslehrern verunmöglicht gewesen. Beschwerdeführer-Anwalt Franz Kellner beeindruckt derlei nicht. Sollte die Causa abgelehnt werden, werde er "bis zu den Höchstgerichten" gehen, sagte er. (bri, 2.9.2016)