"Monster von Minden" als neue Art identifiziert

Vor 17 Jahren wurden in einem Steinbruch im Wiehengebirge bei Minden (Nordrhein-Westfalen) die Überreste des bislang größten in Europa entdeckten Theropoden freigelegt. Der Fund bestand aus einem Zahn, Rippenbruchstücken sowie einer kompletten Rippe, zwei Wirbelknochen und einem Oberkiefer. Daraus rekonstruierten Paläontologen einen gewaltigen, sehr kräftig gebauten Fleischfresser von geschätzen 10 Metern Länge, der auf zwei Beinen ging und wahrscheinlich noch gar nicht vollständig ausgewachsen war. Seine Dimensionen trugen ihm alsbald den Spitznamen "Monster von Minden" ein. Um welche Spezies es sich bei dem Tier handelte, war allerdings unklar. Nun haben Wissenschafter um Oliver Rauhut von der Universität München die Fragmente erneut genauer untersucht und sind zu dem Schluss gekommen: das "Monster von Minden" ist eine bislang unbekannte Art.

Der Dinosaurier, nunmehr mit dem wissenschaftlichen Namen Wiehenvenator albati, lebte im mittleren Jura auf Inseln jenes Meeres, das vor 160 Millionen Jahren große Teile Mitteleuropas bedeckte. "Offenbar gab es auf diesen Inseln eine große Bandbreite zum Teil sehr großer Raubsaurier", sagt Rauhut, "und zwar überwiegend aus der Gruppe der Megalosaurier, wie Funde aus Frankreich und England sowie der neue Raubsaurier aus Deutschland zeigen, der ebenfalls zu dieser Gruppe gehört." Eine stammesgeschichtliche Analyse der evolutionären Verwandtschaftsverhältnisse von Wiehenvenator ergab, dass der Raubsaurier zu einer Großgruppe gehört, deren Artenreichtum im mittleren Jura geradezu explosionsartig zunahm. Zu dieser Zeit entstanden praktisch alle wichtigen Raubsaurier-Gruppen, darunter auch die Tyrannosaurier.

Illustration: Joschua Knüppe/ LMU

Am Land sind Kohlmeisen fitter – aber warum das so ist, bleibt rätselhaft

Sie zählen zwar zu den typischen Kulturfolgern, die dem Menschen aus dem Wald bis in die Großstädte nachgezogen sind, doch wirklich gut tut ihnen das urbane Leben offenbar nicht: Eine aktuelle Untersuchung deutscher Wissenschafter hat ergeben, dass Kohlmeisen in der Stadt zwar früher zu brüten beginnen, ihre Gelege hier aber kleiner sind und die Jungtiere beim Ausfliegen weniger wiegen als ihre Artgenossen auf dem Land. An Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Licht oder Lärm liegt es allerdings nicht, dass sich die Vögel auf dem Land leichter tun. "Obwohl wir verschiedene Umweltparameter quantifiziert haben, waren keine klaren Muster zu erkennen, die Unterschiede im Fortpflanzungserfolg erklären können", meint Philipp Sprau, der die Studie mit seinem Team von der Ludwig-Maximilians Universität in München und dem Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen durchgeführt hat.

Foto: APA/dpa/Felix Kästle

Die ersten Sterne erstrahlten später als gedacht

Nach gängiger Theorie vergingen nach dem Urknall 10-6 Sekunden, ehe aus dem sogenannten Quark-Gluonen-Plasma die Bausteine der Atomkerne hervorgingen. Nach zehn Sekunden war die Temperatur auf unter eine Milliarde Kelvin gesunken und aus Neutronen und Protonen entstanden Deuteriumkerne und Helium-4. Dann vergingen weitere fast 400.000 Jahre, bis die Temperatur soweit gesunken war, dass sich die freien Elektronen mit den Atomkernen zu neutralen Atomen vereinten. Ab diesem Moment wurde elektromagnetische Strahlung nicht mehr so massiv gestreut – und das junge Universum wurde plötzlich transparent. Die nächste große Veränderung brachten die ersten Sterne mit sich, die aus den Wasserstoff- und Heliumwolken hervorgingen.

Diese sogenannte Reionisierungsphase (bei der das intensive Licht der frühen Sterne den neutralen Wasserstoff wieder ionisierte) begann nach bisheriger Ansicht rund 100 Millionen Jahre nach dem Urknall. Aktuelle Daten des Planck-Satelliten der ESA liefern allerdings Hinweise darauf, dass die ersten Sterne tatsächlich erst bedeutend später erstrahlten. Laut Jan Tauber von der ESA war der Kosmos 500 Millionen Jahre nach dem Urknall noch immer zu 90 Prozent von neutralen Atomen erfüllt. Damit dürfte die Bildung der frühesten Stern wohl in diese Ära fallen. 200 Millionen Jahre später war das Universum erst zur Hälfte ionisiert. Dass die ersten Sterne erst später als gedacht die Bühne betraten – und damit auch gleichsam näher liegen – könnten sie vielleicht sogar in Reichweite zukünftiger leistungsstarker Teleskope sein.

Foto: ESA/C. Carreau

Rekord: Bislang fernster Galaxienhaufen entdeckt

Während die ältesten Sterne offenbar jünger sind als angenommen, dürften Galaxienhaufen bereits länger existieren als Astronomen gedacht hatten: Wissenschafter um Tao Wang von der Université Paris Diderot haben mit den beiden Röntgenteleskopen Chandra und XMM-Newton einen Galaxiencluster entdeckt, der rund 11,1 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt liegt, also aus der Frühzeit des Kosmos stammt. Der Haufen mit der Bezeichnung CL J1001+0220 besteht aus mindestens 17 Sterninseln und umfasst rund 60 Billionen Sonnenmassen. Der bisher fernste und damit früheste bekannte Galaxiencluster ist um 700 Millionen Jahre jünger. Wang vermutet, dass das nun entdeckte Exemplar eine Art "Missing Link" sein könnte, eine Übergangsform von Protoclustern zu ausgereiften Galaxienhaufen.

Foto: Nasa

Rätselhafte "Versüßung" des Südpolarmeeres

Im Südpolarmeer nimmt der Salzgehalt seit einigen Jahrzehnten immer mehr ab, und zwar stärker als in jedem anderen Meer der Erde. Am vom Festlandeis der Antarktis stammenden Schmelzwasser allein kann es nicht liegen, dafür reicht die Menge nicht aus. Nun sind Wissenschafter von der ETH Zürich, des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozenaforschung Kiel und der Universität Hamburg den wahren Ursachen für diese "Versüßung" auf die Spur gekommen: In ihrer "Nature"-Studie weisen die Forscher zum ersten Mal nach, dass die verstärkte Bildung von Meereis entlang der Küste der Antarktis und dessen Abschmelzen an der Meereiskante hauptverantwortlich sind für die Veränderungen des Salzgehalts und der Salzverteilung im Südpolarmeer. Welche Folgen diese Entwicklung für das globale Klima und die antarktischen Ökosysteme haben könnte, ist noch völlig unklar.

Foto: Nasa

New Horizons erspäht Quaoar

Mit der Entdeckung des Zwergplaneten Quaoar im Jahr 2002 begann der Abstieg Plutos. Als in den folgenden Jahren weitere große Objekte im fernen Kuipergürtel erspäht wurden – darunter die große Eris – war Plutos Schicksal als Planet schließlich besiegelt: 2006 wurde er ebenfalls zum Zwergplaneten herabgestuft. Nun hat die Nasa-Sonde New Horizons auf ihrem Weg durch den Kuipergürtel mit ihrem Long Range Reconnaissance Imager (LORRI) neue Aufnahmen von Quaoar zur Erde gesendet. Das Objekt mit etwa 1.100 Kilometern Durchmesser bewegt sich auf einer annähernd kreisförmigen Bahn in 45 Astronomischen Einheiten einmal in 284 Jahren um die Sonne. Der Name Quaoar geht auf eine urzeitliche Schöpfergottheit der Tongva zurück, einem indigenen Volk, das einst auf dem Gebiet des heutigen Los Angeles gesiedelt hat. New Horizons Reise durch den Kuipergürtel soll die Sonde im Dezember 2019 nahe am transneptunischen Objekt 2014 MU69 vorbei führen.

Foto: Nasa

Asteroid nur wenige Stunden vor knapper Passage erspäht

In der Nacht auf den 28. August kam ein 35 bis 50 Meter großer Asteroid der Erde gefährlich nahe: Der Brocken mit der Bezeichnung 2016 QA2 zischte an unserem Heimatplaneten in nur 84.000 Kilometern Distanz vorüber. Zum Vergleich: Der Mond ist etwa 380.000 Kilometer entfernt, geostationäre Satelliten kreisen im Abstand von 36.000 Kilometern um die Erde. Dramatisch an der kosmischen Begegnung ist weniger der Abstand, als vielmehr die Vorwarnzeit – denn die war praktisch nicht existent: 2016 QA2 war nur wenige Stunden vor seinem Vorüberflug erspäht worden. Auch wenn 35 bis 50 Meter nicht nach besonders viel klingt, Schaden hätte der Asteroid bei einem Einschlag in besiedeltem Gebiet durchaus verursachen können. Der Asteroid von Tscheljabinsk, der 2013 über dem russischen Ural explodierte, ließ Tausende Fensterscheiben zerbersten und verletzte fast 1.500 Personen.

Foto: Virtual Telescope Project

Was die ersten Amerika-Besiedler aßen

Viel weiß man nicht über die ersten Menschen, die Amerika am Ende der letzten Eiszeit vor rund 15.000 Jahren in mehreren Wellen besiedelt haben. Vermutlich erreichten sie den Doppelkontinent aus Ostasien kommend über eine breite Landbrücke, die sich dort befand, wo heute die Beringstraße Asien von Amerika trennt. Welche Sprache sie benutzten und wo genau sie hergekommen sind, ist noch immer weitgehend unklar – dafür können sich Wissenschafter jedoch aufgrund aktueller Untersuchungen ein Bild davon machen, was auf ihrem Speiseplan stand: Paläogeochemiker um Kyungcheol Choy von der University of Alaska Fairbanks haben insgesamt 17 prähistorische Feuerstellen am Tanana-Fluss in Alaska unter die Lupe genommen. Anhand der Isotopenverhältnisse gelang es den Wissenschaftern herauszufinden, was vor Jahrtausenden an den Lagerfeuern zubereiten worden war. Die frühesten, etwa 13.200 Jahre alten Proben deuten darauf hin, dass die eiszeitlichen Jäger und Sammler zunächst hauptsächlich Wild und Geflügel gegessen haben. Rund 2.000 Jahre später ist dann auch Fisch dazu gekommen, und das in großen Mengen: Choy und seine Kollegen entdeckten viele Hinweise auf Lachs als wichtiges Nahrungsmittel vor etwa 10.000 Jahren. Einige der Fische dürften dabei auch aus dem Meer gekommen sein – was freilich etwas überrascht, denn der Ozean ist von der Upward-Sun-River-Fundstelle mehrere hundert Kilometer entfernt.

Foto: Ben Potter/University of Alaska Fairbanks

Flugsaurier im Miniformat

Gemeinhin stellt man sich die Flugsaurier der Kreidezeit als Giganten der Lüft vor. Tatsächlich erreichte etwa Quetzalcoatlus nortrophi eine Flügelspannweite von mehr als zehn Metern. Nun haben britische Paläontologen eine Spezies entdeckt, die am anderen Ende des Größenspektrums rangiert: Die entsprechenden Fossilien wurden von einem Amateursammler auf Hornby Island in British Columbia gefunden und dem Royal British Columbia Museum übergeben. Dort haben Elizabeth Martin-Silverstone von der University of Southampton und ihre Kollegen die 77 Millionen Jahre alten Knochen genauer untersucht. Ihr erstaunliches Ergebnis: Der ursprüngliche Pterosaurier dürfte kaum größer als eine Möwe gewesen sein. Mit einer Flügelspannweite von 1,50 Meter zählt die Spezies zu den kleinsten je entdeckten Flugsauriern. Der Fund belegt erstmals, dass diese seltenen Zwerge unter den Pterosauriern während der späten Kreidezeit nicht von den ersten Vögeln verdrängt worden waren.

Illustr.: Mark Witton

Ventil für Schall

Topologische Isolatoren sind eine verhältnismäßig neue Art von "Wundermaterial" mit ungewöhnlichen Eigenschaften. Im Inneren solcher Nanostrukturen wirken sie als perfekte Isolatoren, an ihrer Außenseite können sie dagegen Elektronen fast widerstandslos leiten. Nun haben chinesische Physiker dieses Prinzip auf Schallwellen übertragen. Mit ihrem neu entwickelten Material sei es möglich, Schall ohne jegliche Rückstreuung in eine gewünschte Richtung – nach Art eines Ventils also – zu leiten, erklären die Forscher um Ming-Hui Lu von der Nanjing University. Der Prototyp besteht aus einer Vielzahl hexagonal angeordneter Stahlstifte mit unterschiedlichen Durchmessern. Wurde im Test Schall auf einer Seite eingeleitet, trat dieser am gegenüber liegenden Ende nahezu ohne Verlust wieder aus. Für die Forscher könnte ihre Entwicklung die Grundlage für künftige Module bilden, mit denen sich die Ausbreitung von Schall besonders gut kontrollieren lässt.

Foto: Ming-Hui Lu et al. Nanjing University

Doppelstern mit drei Gasriesen entdeckt

Jede neue Exoplaneten-Entdeckung hilft uns dabei festzustellen, wo im kosmischen Spektrum zwischen durchschnittlich und einzigartig unser eigenes Sonnensystem anzusiedeln ist. Ein nun im "Astronomical Journal" vorgestelltes System in 150 Lichtjahren Distanz zur Erde ist sicherlich eher am exotischeren Ende der Bandbreite zu finden: Das Doppelsternsystem HD 133131A und B besteht zwei sehr sonnenähnlichen Sternen und wird von gleich drei großen Gasplaneten umkreist. Im Orbit um die Komponente A des Systems befinden sich zwei Exoplaneten mit mindestens 1,5-facher und 0,5-facher Jupitermasse; der Begleiter von HD 133131B ist sogar 2,5 Mal so massiv wie Jupiter. Die Entdeckung ist insbesondere deshalb ungewöhnlich, weil in keinem anderen Doppelsternsystem mit individuellen Exoplaneten der Abstand zwischen den beiden Sternen so gering ist: HD 133131A und B liegen nur 360 Astronomische Einheiten voneinander entfernt.

Illu.: Timothy Rodigas

Gefährlicher Planet Neun

Wenn die Sonne in rund sieben Milliarden Jahren die Schlussphase ihrer Existenz einläutet, bedeutet das auch das Ende für die inneren Planeten: Nachdem sich unser Heimatstern zum Roten Riesen aufgebläht und Merkur und Venus verschlungen hat, wird er den Großteil seiner Masse abstoßen. Übrig bleibt der winzige innere Kern, der für mehrere Dutzend Milliarden Jahre weiter strahlt, ehe er langsam verlischt. Die Erde kommt bei dieser Entwicklung vermutlich zunächst gerade noch davon, wird aber während der Roter-Riese-Phase dank der Nähe zur Sonnenoberfläche völlig aufgeschmolzen. Die äußeren Planeten dürften von der ausgestoßenen Sonnenmaterie weiter nach außen gedrückt werden und so dem Schlimmsten entgehen – vorausgesetzt, es gibt keinen Planeten Neun.

Sollte allerdings jener bisher nur anhand von Indizien postulierte Planet im Kuipergürtel mit der fünf- bis zwanzigfache Masse der Erde tatsächlich existieren, würde das nach einer aktuellen Studie von Forschern um Dimitri Veras von der University of Warwick in der Endzeit des Sonnensystems für schwere Turbulenzen sorgen. Nach der in den "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" präsentierten Studie, würde die Masse von Planet Neun allein schon ausreichen, um zumindest Uranus und Neptun, wenn nicht gar alle vier Gasplaneten gänzlich aus dem Sonnensystem zu schleudern.

Illustr.: University of Warwick

Motte nutzt die Abwehrstoffe von Physalis-Früchten

Eigentlich sollen sogenannte Withanolide als potente Abwehrsubstanzen gegen Fraßfeinde in den Früchten der Physalis-Pflanze das Immunsystem von Insekten schwächen. Doch nicht alle Sechsbeiner lassen sich davon beeindrucken – im Gegenteil: Wissenschafter des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena haben herausgefunden, dass die Motte Heliothis subflexa von den Inhaltsstoffen der Physalis-Früchte sogar profitiert. Der Falter nutzt diese Substanzen erstaunlicherweise, um ihr eigenes Immunsystem anzukurbeln. Die Withanolide schützen die Motte außerdem vor schädlichen Auswirkungen bakterieller Krankheitserreger. Die im Fachjournal "Nature Communications" erschienene Studie zeigt, dass dieser unerwartete Vorteil durch die Spezialisierung auf eine bestimmte Wirtspflanze entstanden ist.

Foto: MPI f. chemische Ökologie/ A. Barthel

Zoowelt

Der Basler Zoo darf sich über Zuwachs bei den Rappenantilopen freuen: Der stattliche Bock aus Tschechien hat sich zur Erleichterung aller Beteiligten rasch in die bestehende Herde integriert. Geholfen hätten ihm dabei sein vorbildliches Verhalten und sein imposantes Aussehen, ließ der Tiergarten der Schweizer Stadt wissen. Der Bock namens Felix wurde vor zweieinhalb Jahren im Zoo von Prag geboren und ist am 19. Juli nach Basel übersiedelt. Einen Monat lang stand der Bock zunächst unter Quarantäne. Wichtig bei der Integration ist, dass die Kühe den Bock akzeptieren. Dies hängt von seinem Verhalten, aber auch von seinem Aussehen ab. Wenn sich ein Bock verscheuchen lässt, kann er vermutlich nie die Spitze der Hierarchie erklimmen. Neben dem neuen Bock besteht die Rappenantilopen-Herde im Zoo Basel derzeit aus fünf Weibchen und vier Jungtieren. Rappenantilopen sind mit den seltenen Oryxantilopen verwandt und sind im Südosten Afrikas zwischen Kenia und Südafrika beheimatet. In freier Wildbahn gibt es noch geschätzte 60.000 Tiere. (red, 4.9.2016)

Foto: Zoo Basel