Als vor einem Jahr die Flüchtlingskrise über Ungarn nach Österreich kam, wurde auch hier erstmals klar, dass etwas getan werden muss. Und es wurde gehandelt. Weniger vonseiten der Politik, die großteils nicht fähig war, ihre Grenzen zwischen Parteien, Bund und Land zu überschreiten. Viel mehr von der Zivilgesellschaft, von der eine Welle der Hilfsbereitschaft und Aktivität ausging, die es seit dem Jugoslawien-Krieg nicht mehr gegeben hatte. Menschen strömten zu den Bahnhöfen, arbeiteten nächtelang an den Grenzen, brachten Spenden zu Flüchtlingsunterkünften.

Diese Bereitschaft, etwas zum Wohle des Landes zu tun, hat stark nachgelassen, sie ist aber noch immer vorhanden. Bei den Hilfsorganisationen, an Österreichs Schulen oder in den Gemeinden finden sich die Personen, die versuchen, jene zu integrieren, die in Österreich um Asyl angesucht haben oder bereits erhalten haben. Aber wurde diesen Menschen dieser Einsatz für ein gedeihliches Zusammenleben ausreichend gedankt? Gibt es eine politische Lobby, die diese Reservearmee der Hilfsbereiten aus- und aufrüsten will? Kaum.

Stattdessen setzt die politische Seite auf eine Verstärkung des Bundesheeres und der Polizei und eine Abschottung der Grenzen. Maßnahmen, die eventuell notwendig wären, sollte eine noch dramatischere Fluchtsituation wie im Vorjahr dräuen. Allerdings räumt jetzt auch Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz ein, dass sich 2015 wohl nicht wiederholen wird. Wer im Vorjahr an den Grenzen war, hat miterlebt, dass das Zusammenspiel zwischen Bundesheer, Polizei, Hilfsorganisationen und Bevölkerung mit Ausnahme von ein paar – politisch zum Teil willkommenen – chaotischen Situationen auch ohne Aufrüstung sehr gut funktioniert hat. Und damals waren noch gar keine Milizsoldaten oder Grundwehrdiener im Einsatz, die jetzt an die Grenzen geschickt werden.

Es würde nun also gelten, den Fokus noch mehr auf das Landesinnere zu legen. Statt die Zivilgesellschaft erst dann um Hilfe zu bitten, wenn man politisch ratlos ist, wie es die damalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gemacht hat, sollte das brachliegende Potenzial schon jetzt gehoben werden. Wie wäre es mit Ein-Euro-Jobs für Integrationsarbeit? Diese könnten für alle gelten und ein Anreiz sowohl für Studierende als auch Pensionisten sein. Mit solchen könnte etwa der Mangel an Deutschanfängerkursen minimiert werden. Sehr viele von den Flüchtlingen sind gekommen, um zu bleiben. Das Engagement der Bevölkerung, sie zu integrieren, sollte viel stärker befördert und gefördert werden. (Rainer Schüller, 4.9.2016)