Schon wieder Gscher um sie, weil eine schadhaft ist: die Wahlkarte.

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Mit ihr kann man immer und überall. Sie ist jung, entspricht dem Zeitgeist, kann getrost als weltlich bezeichnet werden, obwohl sie ein Kreuzerl trägt, und wird immer beliebter – doch ihr Ruf ist der beste nicht. Die Wahlkarte zur Briefwahl wurde in Österreich im Jahr 2007 eingeführt. Schon damals gab es in jeder Partei Vertreter, die ihr skeptisch gegenüberstanden. Inzwischen trägt sie eine schwere Bürde: Die Wahlkarte – oder besser gesagt: der Umgang mit ihr – ist schuld, dass wir am 2. Oktober noch einmal wählen müssen.

Und jetzt der nächste Eklat: Eine für die neuerliche Stichwahl verschickte Wahlkarte wurde als schadhaft gemeldet – und das, bevor die flächendeckende Zustellung überhaupt angelaufen ist. Bei dem betroffenen Exemplar würde der Klebestreifen seinen Zweck nicht erfüllen, so die Beschwerde. Ein Einzelfall, wird im Innenministerium beteuert. Doch will der passionierte Briefwähler Vorsicht walten lassen: Steckt die Wahlkarte in einem nicht ordentlich verschlossenen Kuvert, ist sie ungültig.

Fast 900.000 Österreicher hatten in der ersten Runde der Hofburg-Stichwahl eine Wahlkarte beantragt – und damit die Möglichkeit bekommen, ihr Kuvert vorab in ein Postkastl zu werfen oder es am Sonntag im Wahllokal der Wahl abzugeben. Mehr als 16 Prozent der gültigen Stimmen stammten schließlich von Briefwählern. Sie waren es, die das Ergebnis drehten: Am Wahltag lag FPÖ-Kandidat Norbert Hofer in Führung, am Montag – nach Auszählung der Wahlkarten – wurde der Sieg Alexander Van der Bellens verkündet – also vorläufig.

Langjährige Wahlbeobachter hat das wenig verwundert: "Der typische Briefwähler ist jung, lebt im städtischen Gebiet, ist mobil und verdient durchschnittlich oder überdurchschnittlich viel", sagt der Politologe Peter Filzmaier. "Dieses Profil entspricht mehr Grün- als Blauwählern."

Der Politexperte hält Wahlkarten für "demokratiepolitisch begrüßenswert", bloß die Umsetzung sei von "Hoppalas" gezeichnet. Wir erinnern: Anfänglich war es möglich, die Wahlkarte nach Verkündung des Wahlergebnisses abzuschicken. "Sie gehört abgeschafft, sie zerstört das geheime Wahlrecht", sagt Verfassungsjurist Heinz Mayer. Vor ihrer Einführung mussten alle, die sich im Ausland aufhielten, einen Notar aufsuchen – im Beisein von zwei Zeugen. Man kann von ihr also halten, was man will: Unser staatsbürgerliches Leben, das macht sie leichter. (Katharina Mittelstaedt, 4.9.2016)