Die Spiele unabhängiger Entwickler werden laufend besser, schöner und – erfolgreicher. Eine Auswahl der Höhepunkte des Indie-Jahres 2016.

Inside (PS4, Xbox One, Windows, 19,99 Euro)

Auf ein Kultspiel noch eins draufzusetzen, ist schwierig, doch der Nachfolger im Geiste zu "Limbo" schafft dieses Kunststück. In atmosphärischem Dunkel gehalten, erzählt das Spiel der dänischen Entwickler ganz ohne Worte die düstere Geschichte eines kleinen Jungen in einer dystopischen Welt. Originelle, physikbasierte Rätsel, makellose Animation und so mancher Gänsehautmoment machen "Inside" zu einem Ausnahmespiel, das sich in seinen drei Stunden Spielzeit subtil zu einem grotesken Albtraum wandelt – inklusive eines Endes, das lange im Gedächtnis bleibt.

WIRSPIELEN

Abzû (PS4, Windows, 19,99 Euro)

Als namenloser Taucher einen riesigen, geheimnisvollen Ozean erforschen, der voller Leben ist: Das wunderschöne "Abzû" macht die Reise in die Tiefsee zu einem meditativen und auch emotional berührenden Abenteuer. Dank Mitarbeit der Macher von "Journey" und der beeindruckenden orchestralen Musik von Austin Wintory ist der Tauchgang zwischen Korallenriffen, unterseeischen Ruinenstädten und buchstäblich tausenden bunten Meeresbewohnern auch ganz ohne Gegner oder Rätsel ein abenteuerliches Erlebnis für Spieler jeden Alters.

pressakey.com

Hyper Light Drifter (Windows, Mac, Linux, 19,99 Euro; PS4 und Xbox One in Vorbereitung)

Spiele im nostalgischen Pixel-Look gibt es viele, so gut wie "Hyper Light Drifter" sehen aber die wenigsten aus. Mit knalligen Farben und großer Stilsicherheit erinnert das Action-Adventure auch spielerisch an die großen Kultspiele der "Legend of Zelda"-Ära. Als namenloser Held kämpfen Spieler mit Schwert und Pistole, vor allem aber mit großer Beweglichkeit gegen das Böse, das die liebevoll gestaltete Science-Fiction-Welt heimsucht. Achtung: Auch der Schwierigkeitsgrad von "Hyper Light Drifter" erinnert an die notorische Härte der Games-Frühzeit.

Heart Machine

Factorio (Windows, Mac, Linux, Early Access 20 Euro)

Automatisierung ist ein Megatrend – auch auf fremden Planeten. "Factorio",der Überraschungshit eines tschechischen Studios, nimmt die klassische Aufbaustrategieformel und erweitert sie um die Möglichkeit, die gebauten Fabriken, Maschinen und Industrieanlagen durch clevere Verknüpfung quasi im Alleingang weiter werkeln zu lassen – so bleibt mehr Zeit für Planung und Strategie. Der Konstruktion eines fast perfekten Perpetuum Mobiles sind momentan nur die Grenzen des Early Access gesetzt; an die stößt man aber erst nach vielen, vielen Stunden.

Factorio

The Banner Saga 2 (PS4, Xbox One, Windows, Mac, 19,99 Euro)

Während andere Fantasy-Rollenspiele glorreiche Heldenkarrieren zeigen, stürzt "The Banner Saga" seine Spieler in eine so tragische Saga, in der es kaum Hoffnung gibt. Auf der dramatischen Flucht vor dem Ende der an Wikingermythen inspirierten Welt sind schwere moralische Entscheidungen ebenso wie taktische rundenbasierte Kämpfe an der Tagesordnung. Komplexe Figuren, außergewöhnlicher Zeichentrickstil und atmosphärischer Soundtrack machen Teil zwei zum beeindruckenden Mittelteil einer wahrhaft epischen Trilogie. Mit Teil 1 zu beginnen zahlt sich aus.

GameSpot

Stardew Valley (Windows, Mac, Linux, 13,99 Euro; PS4, Xbox One, Wii U in Vorbereitung)

Einmal das idyllische Landleben als Bauer genießen: Das Indie-Phänomen des Frühlings 2016 hat diesen Traum für Millionen begeisterte Spieler wahr gemacht. Das Debütspiel eines amerikanischen Einzelentwicklers begeistert mit Charme, Humor und einer schier überwältigenden Fülle an Handlungsangeboten – von der Pflege des Bauernhofes übers Angeln bis hin zur Brautschau. Dass bei dem im sympathischen Pixel-Cartoon-Look gehaltenen Wohlfühlspiel kaum Stress aufkommt, macht "Stardew Valley" zum digitalen Urlaub am Bauernhof für Jung und Alt.

ConcernedApe

Samorost 3 (Windows, Mac, 19,99 Euro)

Die Spiele des in Brünn ansässigen Studios Amanita Design sind wahre Kunstwerke in der großen Tradition der tschechischen Animation. In einer fantastisch-surrealen Welt aus Wurzelstöcken, Pilzen und ihren sympathisch bizarren Bewohnern ist in "Samorost 3" ein kleiner Zwerg mit dem Lösen simpler, aber auch kniffliger Rätsel beschäftigt. Der einzigartige Grafikstil, die durchwegs fantastische Musik und vor allem der liebevolle Humor machen auch den dritten Teil der Abenteuerreihe – wie auch die anderen Spiele des Studios – zum Höhepunkt für kleine und große Spieler.

Amanita Design

Firewatch (PS4, Windows, Mac, Linux, Xbox One, 19,99 Euro)

Als Feuerwache in einem US-Nationalpark erleben die Spieler von "Firewatch" einen Sommer lang ein ungewöhnliches Abenteuer. Statt mit Bewaffnung ist der Aushilfs-Ranger in diesem First-Person-Adventure nur mit Funkgerät und Kamera ausgestattet, und statt Action stehen ein mysteriöser Unbekannter und die Beziehung zur nur am Funkgerät präsenten Kollegin am Wachturm nebenan im Zentrum. "Firewatch" sieht nicht nur umwerfend gut aus, es erzählt auch eine spannende, erwachsene Geschichte, wie sie auch im Programmkino nicht fehl am Platz wäre.

WIRSPIELEN

The Witness (Windows, PS4, Xbox One 36,99 Euro; iOS in Vorbereitung)

Das nach langen Jahren der Entwicklung endlich erschienene Puzzle-Spiel "The Witness" von Indie-Star Jonathan Blow ist ein Unikat. Schritt für Schritt lehrt die Reise über die makellos designte, menschenleere Insel in seinen zu Beginn einfachen, aber immer schwerer werdenden Rätsel nicht nur seine clevere Spielmechanik, sondern eigentlich auch die Grundlagen des wissenschaftlichen Denkens. Kein Wunder, dass besonders im späteren Spiel die "Heureka"-Momente hart erknobelt, aber dafür umso ekstatischer sind. Als Beilage gibt’s sogar etwas Philosophie.

GameSpot

Superhot (Windows, Mac, Linux, Xbox One, ca. 22,99 Euro)

Dass man aus dem altbekannten First-Person-Shooter-Rezept etwas absolut Neues machen kann, beweisen die polnischen Entwickler von "SUPERHOT". Nur bei Bewegung des Protagonisten läuft die Zeit in normaler Geschwindigkeit, ansonsten herrscht in der stylischen Welt in Weiß, Grau und Signalrot langsamste Superzeitlupe. Die Spielmechanik macht die Feuergefechte zu kniffligen 3D-Puzzles, in denen fast ballettartige Akrobatik-Action gefragt ist. Außergewöhnliches Design, eine doppelbödige SF-Story und weitere Spielmodi runden den Slow-Motion-Shooter zum gelungenen Debüt ab.

WIRSPIELEN

Bound (PS4, 19,99 Euro)

Ballett und Computerspiele, das passt nicht zusammen? "Bound" ist der Gegenbeweis. Das Spiel polnischer ehemaliger Demoscene-Entwickler verbindet die anmutigen Bewegungen einer professionellen modernen Ballerina mit einer surreal-fantastischen Welt, die in ihrer Abstraktion und unmöglichen Architektur an die Visionäre der modernen Kunst und Architektur erinnert. Was nach viel Hochkultur klingt, ist als Spiel ein atemberaubendes, ästhetisch beeindruckendes Gesamtkunstwerk in Bewegung, das auch Gelegenheitsspieler nur punktuell mit seltenen Sprungpassagen herausfordert. Kunst? Kunst.

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PlayStation

Rimworld (Windows, Mac, Linux, Early Access 27,99 Euro)

Manche Spiele erzählen eine Geschichte, einige erzählen endlos viele. Die Weltraumkoloniesimulation "Rimworld" ist auch dank einer ausgeklügelten künstlichen Intelligenz ein solcher Geschichtenerzähler. Gestrandet auf einem fremden Planeten, erfüllen die zu Beginn wenigen, aber dafür eigenwilligen Kolonisten dank Zufallsgenerierung, frei wählbarem Spielziel und clever gelöstem Mikromanagement eine hochkomplexe Aufbaustrategiesandkiste mit wuseligem Leben. Early Access, aber bereits höchst spielbar – den Willen zur Einarbeitung vorausgesetzt.

Tynan Sylvester

Furi (Windows, PS4, 24,99 Euro)

Psychedelisches Design, hämmernder Technosound und Gameplay, das auch Profis herausfordert: Das französische Kampfspiel "Furi" ist ein Stahlgewitter für alle Sinne. In höchst abwechslungsreichen Duellen sind sowohl Reflexe als auch Taktik gefordert, um als flinker Kämpfer gegen die scheinbar übermächtigen "Wächter" zu überleben. Arcade-Profis auf der Suche nach einer harten, aber fairen Aufgabe finden in "Furi" ebenso Beschäftigung wie Anfänger, die im einfacheren Spielmodus allerdings viel vom Reiz dieses Exoten verpassen.

WIRSPIELEN

That Dragon, Cancer (Windows, Mac, Ouya, ca. 13,99 Euro)

Ein Kind stirbt nach langem Leiden an Krebs – und seine Eltern verarbeiten diese Tragödie in einem Computerspiel. Was in anderen Medien selbstverständlich ist, ist bei Spielen die große Ausnahme. "That Dragon, Cancer" erzählt vom Leben mit dem Unfassbaren, spricht schmerzhaft intim von Verzweiflung, Überforderung und Hoffnung und führt näher an diese Ausnahmesituation, als dies anderswo möglich ist. Kein Spiel, das Spaß macht – doch eine erschütternde, persönliche Erfahrung, die die noch ungenutzten Möglichkeiten des Mediums Videospiele deutlich macht.

Numinous Games

Stellaris (Windows, Mac, Linux, 39,99 Euro)

Zugegeben: Die schwedischen Strategieexperten Paradox sind dank ihres Erfolges beinahe ihren Indie-Wurzeln entwachsen, doch als Nischenprodukt beseelter Entwickler hat auch das beeindruckende Weltraumstrategie-Opus "Stellaris" hier Erwähnung verdient. Als Globalstrategiespiel in der Tradition von "Civilization" bietet die hochkomplexe Weltraum-Saga ein galaktisches Spielfeld für Freunde ganz, ganz großer Spiele. Die detaillierte Verwaltung und Erweiterung eines stellaren Riesenimperiums bietet ohne Übetreibung Beschäftigung für Monate.

Paradox Interactive

Kentucky Route Zero (Windows, Mac, Linux, Akt 1-4 erschienen, ca. 22,99 Euro für das gesamte Spiel)

Vergleichbares gibt es nicht: "Kentucky Route Zero" ist mit Sicherheit das surrealste und zugleich hintergründigste Point-and-Click-Adventure der Spielegeschichte. Die Suche nach einem mysteriösen Highway führt die Spieler in eine mal an David Lynch, mal an Franz Kafka oder den Magischen Realismus erinnernde Welt, die nicht nur mit unnachahmlicher Atmosphäre begeistert, sondern auch wieder und wieder mit spielmechanischen Experimenten überrascht. Mit Akt 4 ist die vorletzte Episode des Phänomens zwischen Literatur, Spiel und Theaterstück vor kurzem erschienen. (Rainer Sigl, 23.9.2016)

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