Ein Kfz-Meister beim Software-Update in der Werkstatt.

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Frankfurt/Wien – Im Abgasskandal steht Volkswagen weiter unter Druck. Nun wirft die EU-Kommissarin für Justiz und Verbraucherschutz, Vera Jourová, dem Konzern laut der deutschen Tageszeitung Die Welt vor, "in den meisten Mitgliedsstaaten klar gegen europäische Verbraucherschutzgesetze zu verstoßen. Ich halte es deswegen für notwendig, dass wir auf europäischer Ebene koordinierend eingreifen."

Es sehe so aus, als habe der Konzern sowohl gegen die Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf und Garantien für Verbrauchsgüter (Consumer Sales and Guarantees Directive) als auch gegen die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (Unfair Commercial Practises Directive) verstoßen. Gesetze, die in der gesamten EU gelten. Erstere verbiete, dass Unternehmen mit umweltfreundlichen Standards werben, die ein Grund für Kaufentscheidungen sind, und diese Versprechen nicht eingehalten werden.

Entschädigung

Jourová hatte wiederholt gefordert, dass VW Kunden in der EU ebenso eine Entschädigung zahlt wie in den USA. "Nett, aber was haben die Verbraucher davon?", sagt Ulrike Wolf, Juristin beim heimischen Verein für Konsumenteninformation auf Anfrage des STANDARD. "Das sind Lippenbekenntnisse. Wir vermissen die Unterstützung aus der EU."

Die Wolfsburger lehnen ja eine Entschädigung mit dem Verweis auf die unterschiedliche Rechtslage ab. Auch der VKI ist der Ansicht, dass VW-Kunden nicht nur Anspruch auf Behebung der Manipulationssoftware haben, sondern auch auf Schadenersatz in Form von Geld. Dies, weil VW-Besitzer für ihr Auto auf dem Gebrauchtwagenmarkt weniger bekämen. Dieser "merkantile Minderwert", wie Wolf ihn nennt, sei zu ersetzen. Deswegen streben die Konsumentenschützer – wie berichtet – in einer Sammelklage einen Vergleich mit dem Konzern an. Mehr als 68.000 betroffene VW-Fahrer haben sich laut Wolf mittlerweile gemeldet.

Umrüsten bis zum nächsten Jahr

Was die Nachrüstung der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge betrifft, so sind mittlerweile 86.000 der insgesamt 388.000 betroffenen Autos dafür freigegeben, wie es aus der Porsche Holding heißt. Die gesamte Umrüstaktion werde aber wohl noch bis ins nächste Jahr dauern, so ein Sprecher.

Unabhängig davon werden demnächst hierzulande auch rund 700 Geländewagen der Marke Macan von Porsche nachgerüstet. Auch hier geht es um Nachbesserungen in Sachen Abgasreinigung – allerdings in einer "freiwilligen" Service-Aktion. Diese beruht allerdings ebenfalls auf Nachmessungen des deutschen Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) infolge des Dieselskandals. Mit der Umrüstung soll die Abgasreinigung schon ab fünf Grad Außentemperatur in vollem Umfang arbeiten – und nicht erst wie bisher bei über 17 Grad.

EU-Kommissarin Jourová will indes das Gespräch suchen. Einerseits mit den Verbraucherschutzorganisationen und den entsprechenden Behörden aus den Mitgliedsstaaten, andererseits mit dem Volkswagen-Konzern. Sie werde keine "scharfen Maßnahmen" ergreifen, ohne vorher mit VW zu kommunizieren, gibt sie zu Protokoll.

Beim VKI ist man skeptisch und will jetzt einmal zuwarten, was Jourová anzubieten hat. (rebu, 5.9.2016)