"Die Steuerbehörde sind wir alle": Dieser legendäre Werbeslogan des spanischen Fiskus erscheint angesichts der Geschäftsberichte der größten Warenhauskette Spaniens, El Corte Inglés, in gänzlich anderem Licht. Zwischen 2011 und 2015 zahlte das traditionsreiche Familienunternehmen keinen Cent Körperschaftsteuer.

1940 als Aktiengesellschaft gegründet, stammt der Name ("Der englische Schnitt") von einer Schneiderei in Madrid, die Gründer Ramón Areces Rodríguez kaufte. Mittlerweile ist Corte Inglés der größte Einzelhändler Europas. Gemessen am Umsatz – 2015 waren es 15,2 Milliarden Euro – belegt er weltweit Rang vier.

Gut vernetzt

Das Steuerrad des spanischen Einzelhandelsflaggschiffs hält Dimas Rodrigo Gimeno Álvarez seit zwei Jahren in seiner Hand. Der Neffe des 2014 verstorbenen Langzeitchefs Isidoro Álvarez soll Corte Inglés nach den stürmischen Jahren der Wirtschaftskrise auf profitableren Kurs bringen. Und während gängige Tricks zur Steuervermeidung globaler Großkonzerne massiv in der Kritik stehen, hat Gimeno Álvarez just in der Steuerbehörde dafür Verbündete.

Jene überwies binnen fünf Jahren knapp 343 Millionen Euro an den Einzelhandelsgiganten, 2015 immerhin 81,1 Millionen (2013: 126 Millionen), was mehr als die Hälfte des Unternehmensgewinns nach Steuern in Höhe von 158,1 Millionen Euro ausmachte. Kurioserweise ist jener nach Steuern zuletzt stets höher gewesen als davor. Das bisher letzte Mal, dass Corte Inglés Körperschaftsteuer zu berappen hatte, war 2010: knapp 94 Millionen Euro bei einem Nettogewinn von 319 Millionen.

Nur eines von vielen Beispielen

Die Warenhauskette ist damit kein Einzelfall. Die Großbank Caixa – Aktionärin der Erste Bank Gruppe – verbuchte 2014 vor Steuern 202 Millionen Euro Gewinn. Nach Steuern waren es 620 Millionen. Der Kunstgriff ist vor dem Fiskus völlig legal, geht es doch primär darum, Doppelbesteuerungen von Dividenden, aber auch Einnahmen zu vermeiden, die Corte Inglés mit In- und Auslandstöchtern erwirtschaftet. Dazu zählt etwa die international expandierende Modekette Sfera. Aber auch, um Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie Reinvestitionen des Gewinns steuermindernd geltend zu machen.

All das sehr zur Freude der Aktionäre und Investoren des Corte Inglés, zu denen seit 2015 auch ein Scheich Katars, Hamad ibn Dschasim ibn Dschabir Al Thani, zählt. Er war im Vorjahr mit knapp einer Milliarde Euro in den Giganten eingestiegen mit einem in Aktien wandelbaren Kredit, der an rigorose Profitorientierung gekoppelt ist. Über Personalabbau (1.200 Frühpensionierungen) und den Verkauf von 200 Immobilien an Topadressen soll der Schuldenstand um eine Milliarde sinken. (Jan Marot aus Granada, 7.9.2016)