Brüssel – Das umstrittene EU-Kanada-Freihandelsabkommen (Ceta) ist nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in der vorliegenden Form nicht zustimmungsfähig. Der Chef der deutschen Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, sprach sich am Mittwoch in Brüssel für Nachverhandlungen zu dem Abkommen aus. Bsirske nimmt am Abend an einer Diskussion mit der Arbeiterkammer zu Ceta teil.

Bsirske kritisierte, die derzeitige Investorenschutzregelung in Ceta würde eine doppelte Privilegierung für ausländische Investoren gegenüber europäischen schaffen. So könnten kanadische Investoren auch über Sondergerichte klagen, die europäischen Unternehmen nicht zur Verfügung stehen. Im Entschädigungsfall würden ausländischen Investoren mehr Rechte eingeräumt als Inländern. Es wäre auch die künftige Gewinnerwartung relevant und eine Entschädigung nach dem Marktwert vorgesehen, während dies in Deutschland nicht zwingend sei.

Kritik übte Bsirske auch an den Schiedsgerichten, die nicht internationalen Anforderungen zur Unabhängigkeit genügen würden. So hänge das Einkommen der Richter davon ab, ob ein Fall verhandelt werde oder nicht.

Vorsorgeprinzip

Durch Ceta würden private Investoren auch die Möglichkeit erhalten, gegen das in Europa geltende Vorsorgeprinzip zu klagen, warnte der Verdi-Chef. "Das ist faktisch die Aufgabe des Vorsorgeprinzips." Für die Marktöffnung enthalte Ceta eine Negativliste, in der alle Ausnahmen aufgelistet sein müssen, sagte Bsirske. Auch den Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge sieht er nicht zufriedenstellend gelöst. So gebe es etwa Grauzonen bei Krankenhäusern und Mietpreisbremsen.

Der DGB hätte stattdessen lieber eine Positivliste, in der nur die liberalisierten Bereiche festgehalten werden. Das gesamte Paket sei nach Ansicht der Gewerkschaften daher "nicht zustimmungsfähig". Nachverhandlungen würden auch von den kanadischen Gewerkschaften unterstützt, sagte der Verdi-Chef.

Auch Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat sich skeptisch zu dem bereits ausverhandelten Ceta-Abkommen geäußert und Verbesserungen gefordert. Das Abkommen soll planmäßig nach Zustimmung im EU-Ministerrat im Oktober bei einem EU-Kanada-Gipfel unterzeichnet werden. (APA, 7.9.2016)