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Rote Kleidung soll ja Kraft und Dominanz signalisieren. So gesehen darf die Farbe des Blazers von Angela Merkel im Bundestag durchaus als Signal gewertet werden.

Foto: AP Photo/Markus Schreiber

Dietmar Bartsch gehört grundsätzlich nicht zu den allerfeurigsten Rednern im Deutschen Bundestag. Doch an diesem Mittwoch ist das anders. Der Chef der Linksfraktion eröffnet die Generaldebatte über den Etat für den Kanzlerhaushalt 2017. Doch um Zahlen und das Budget geht es dabei überhaupt nicht. Traditionell wird die Debatte zur Generalabrechnung mit der Kanzlerin oder dem Kanzler genutzt.

Da hat Bartsch – ein paar Tage nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern – allerhand zu kritisieren: "Die Verunsicherung in diesem Land war noch nie so groß." Deutschland werde nicht von Zuversicht regiert, "sondern von Angst". Und überhaupt: "Jeder hier im Haus will, dass die Koalition möglichst schnell beendet wird." Bartsch bekommt von seiner Fraktion so viel Applaus wie früher Gregor Gysi. Aber eigentlich warten alle nur auf die nächste Rednerin: auf Kanzlerin Angela Merkel, deren CDU bei der Wahl in "Meck-Pomm" nur auf den dritten Platz hinter der Alternative für Deutschland (AfD) landete.

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Sie sieht die Lage naturgemäß längst nicht so dramatisch wie Bartsch und spricht auch gleich das Thema Nummer eins an. Es gebe durchaus Erfolge in der Flüchtlingspolitik zu vermelden.

Merkel sieht Verbesserung der Situation

"Die Situation ist um ein Vielfaches besser als vor einem Jahr", sagt sie. "Wir haben die Ordnung und Steuerung der Flüchtlingsbewegung in Deutschland erreicht, wir haben die Zahl der Flüchtlinge deutlich reduziert." Einmal mehr verteidigt sie ihren Kurs und macht deutlich, dass sie davon nicht abgehen werde. Denn: "Deutschland ist wirtschaftlich stark und stabil." Es bleibe eine soziale Marktwirtschaft und damit eine Wirtschaftsordnung, "die mit wirtschaftlicher Stärke die Schwächsten in unserem Lande auffängt".

Zwei Botschaften an die anderen beiden Parteichefs der großen Koalition hat sie auch – allerdings ohne die Namen der Herren zu nennen. "Hinter uns liegt ein Jahr voller Entscheidungen", sagt Merkel und zählt die Asylpakete, Entlastungen für Kommunen, mehr Geld für sozialen Wohnungsbau und Sicherheit auf.

Es ist ein Wink an SPD-Chef Sigmar Gabriel, der in den vergangenen Tagen bemäkelte, Merkel erkläre zu wenig, und Obergrenzen für Flüchtlinge ins Gespräch gebracht hat. Der Hinweis der Kanzlerin ist klar: Wir haben es ja alles gemeinsam gemacht.

Auf das gute Abschneiden der AfD bei der Wahl geht Merkel so ausführlich ein, wie sie es noch nie getan hat. "Uns alle treibt jetzt die Frage um: Wie gehen wir mit einer solchen Situation um?" Ihre Antwort: "Politiker, die Verantwortung tragen, sollten sich in ihrer Sprache mäßigen."

AfD gehe alle etwas an

Denn, so Merkel: "Wenn wir anfangen, uns sprachlich an jenen zu orientieren, die an Lösungen nicht interessiert sind, verlieren wir die Orientierung." Es ist offensichtlich, wen sie damit meint – nicht erst, als jemand laut "Horst Seehofer" ruft. Merkel stellt auch klar, dass die Auseinandersetzung mit der AfD nicht allein Angelegenheit der CDU sei, sondern "eine Herausforderung für uns alle in diesem Hause". Dafür gibt es aus allen Fraktionen Beifall. Ganz zum Schluss hat Merkel noch eine Botschaft an ihr Volk: "Deutschland wird Deutschland bleiben. Mit allem, was uns daran lieb und teuer ist."

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt meint, es sei "falsch, davon zu sprechen, wir hätten ein von Flüchtlingen überfordertes Volk". Vielmehr sei die Regierung am Ende. Süffisant weist sie auf Merkels Rede hin: "Den meisten Applaus haben Sie von den Grünen bekommen, den wenigsten von der CSU. Das sollte Ihnen zu denken geben."

Der Auftritt von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wirkt dann schon fast tröstlich. Im Gegensatz zu SPD-Chef Sigmar Gabriel verzichtet er auf Sticheleien und verteidigt den Koalitionskurs. (Birgit Baumann aus Berlin, 7.9.2016)