Der Entschärfungsdienst verfügt auch über ferngesteuerte Roboterfahrzeuge.

Foto: LPD Steiermark / Maximilian Ulrich

Graz/Wien – Die neue Außenstelle des Entschärfungsdienstes in Graz wäre am Mittwochvormittag beinahe mit einem ersten Einsatz eingeweiht worden. Doch der herrenlose Koffer beim Busbahnhof am Europaplatz stellte sich noch rechtzeitig als harmlos heraus – irgendjemand muss jetzt Kleidung und Lebensmittel vermissen.

Graz ist nach Hall in Tirol die zweite Außenstelle der Entschärfer, die seit 2013 dem Einsatzkommando Cobra unterstellt sind. Die Zentrale befindet sich in der Rossauer Kaserne in Wien. "Eine mehrstündige Autofahrt von Wien in den Süden Österreichs ist einfach zu lange und nicht mehr zeitgemäß", sagte Cobra-Kommandant Bernhard Treibenreif zum STANDARD.

Sobotka: "Wir sind verletzbar geworden"

Zuletzt habe es gerade in Graz im Zusammenhang mit den Jihadisten-Prozessen immer wieder Einsätze der Entschärfer gegeben. Ihnen obliegt es nämlich auch, vor jedem Verhandlungstag Gerichtsgebäude und das Umfeld nach verdächtigen Gegenständen abzusuchen. "Wir sind verletzbar geworden und müssen uns der Gefahr bewusst sein. Daher muss die Arbeit der Polizei verstärkt auf Prävention gerichtet sein", sagte Innenminister Wolfgang Sobotka in seiner Eröffnungsrede.

Ein Entschärfer in voller Montur. Der Schutzanzug wiegt gut 35 Kilogramm.
Foto: BMI

Ab jetzt ist in der steirischen Landeshauptstadt eine gesamte Einheit mit vollwertigem Einsatzgerät, darunter auch ein Bombenroboter, stationiert – "und zwar rund um die Uhr", so Treibenreif. Hauptaufgaben des Entschärfungsdienstes sind die Feststellung und Entschärfung sprengstoffverdächtiger Gegenstände. Dazu zählen auch verbotene pyrotechnische Knaller und Silvesterraketen. Im Vorjahr gab es insgesamt rund 2800 Anforderungen und Einsätze.

Entminungsdienst beim Bundesheer

Der Entschärfungsdienst verfügt derzeit über 18 Beamte, manche davon sind speziell ausgebildete Einsatztaucher. Außerdem gibt es österreichweit rund 70 so genannte sprengstoffsachkundige Organe (SKO) und Sprengstoffspürhundeführer. Ein SKO mit seinem Hund hat Mittwochmorgen auch den Koffer am Grazer Busbahnhof gecheckt und schließlich Entwarnung gegeben.

Vor drei Jahren übersiedelte die Schwesterorganisation, der Entminungsdienst, ins Verteidigungsministerium. Die Sprengstoffspezialisten des Bundesheeres sind für die Bergung und Vernichtung von Kriegsmaterialien– wie beispielsweise Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg – verantwortlich. Im Vorjahr wurden mehr als 45 Tonnen an Bomben, Granaten und Munition vernichtet. (Michael Simoner, 7.9.2016)