Die große Zahl im Vorjahr neu angekommener Flüchtlinge ließ auch die Zahl registrierter Diskriminierungen steigen.

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Graz – Seit Sommer 2015, als tausende Flüchtlinge von Slowenien kommend die südliche Grenze überquerten, habe sich die Stimmung im Land verändert. Sie sei "aufgeheizt", sagt die steirische Soziallandesrätin (SPÖ) Doris Kampus, "viele Menschen fühlen sich unsicher, sie haben Angst und machen sich Sorgen. Auch wenn das vielfach unbegründet ist, wird müssen das ernst nehmen, wir müssen da hinschauen und nicht wegschauen."

Die – wie es Kampus formuliert – "besorgniserregende Stimmung" hat sich seit letztem Jahr in starkem Ausmaß im Internet kanalisiert. Die Anzahl an Hasspostings sei eklatant gestiegen, sagt Kampus. Im Diskriminierungsbericht 2015 des Landes, der am Mittwoch vorgelegt wurde, ist diese Tendenz zu anonymen aggressiven Postings, aber auch zu Diskriminierungshandlungen im Alltag deutlich dokumentiert.

"Eine Kugel wäre billiger"

Die bei der Antidiskriminierungsstelle gemeldeten Hasspostings, denen nachgegangen wurde, haben sich im letzten Jahr verdreifacht, präzisiert die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Daniela Grabovac.

Die Hälfte der gemeldeten Hasspostings ("Ich würde sie in der Donau versenken", "Eine Kugel wäre billiger") hatte einen religiösen, islamophoben Bezug und stand unmittelbar mit der Flüchtlingssituation in Verbindung.

Diese Verbindung von Religion, Ethnie und Flucht ergebe "einen sehr bedenklichen Nährboden", sagt Grabovac. Kampus wie auch Grabovac verlangen eine rasche bundesgesetzliche Handhabe, um gegen die Verfasser von Hasspostings vorgehen zu können. "Wenn nichts geschieht, glauben viele, das ist eh erlaubt, ich kann in den Postings ohnehin schreiben, was ich will", warnt die Landesrätin.

Für den Grazer Bildungsstadtrat Kurt Hohensinner (ÖVP) ist die einzig wirksame Konsequenz gegen Hasspostings, dass Netzeinträge mit Klarnamen versehen werden müssen. Nach Rücksprache mit IT-Experten sei er überzeugt, dass dies machbar sei.

"Diskriminierung umgekehrt"

Hohensinner möchte im Zusammenhang mit der zunehmenden Problematik von Diskriminierungen auch auf eine "umgekehrte Diskriminierung" hinweisen. "Es gibt etwa im Schulbereich Pädagoginnen, die von Vätern nicht ernst genommen werden. Wir haben solche Fälle nachverfolgt. Dass Väter Lehrerinnen nicht akzeptieren, ist zwar kein großes Thema, aber wir müssen auch dort hinschauen", sagt Hohensinner. Für die Leiterin der Diskriminierungsstelle, Daniela Grabovac, ein wichtiger Punkt: "Ja auch das ist eine Diskriminierung. Es gibt auch Fälle, wo sich Menschen nichts zu sagen trauen, etwa bei Nachbarschaftsstreitigkeiten, weil sie Angst haben, als Rassisten beschimpft zu werden. Auch um diese Diskriminierungen kümmern wir uns." Wie auch um zahlreiche andere Diskriminierungen, die 2015 in den insgesamt 711 Anfragen (2014: 609) an das Team um Grabovac herangetragen wurden. Sie betreffen das Alter, das Geschlecht, Behinderungen, soziale Herkunft oder die sexuelle Orientierung. (Walter Müller, 8.9.2016)