Das Einkaufszentrum ELI Liezen öffnet am 13. Oktober seine Pforten und ist das größte Center, das heuer fertiggestellt wird.

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Schwarzenecker: "Bei Regen geht keiner in der Innenstadt einkaufen."

Foto: ACSC

Roman Schwarzenecker, neuer Generalsekretär des Austrian Council of Shopping Centers (ACSC), sieht eine "gewisse Sättigung " des Marktes, die einen harten Verdrängungswettbewerb mit sich bringt. Der Zuwachs an Flächen hat sich eingebremst, Sicherheit ist ein großes Thema.

STANDARD: Beim ACSC-Jahreskongress im Oktober wollen Sie als neuer Generalsekretär "kritische Selbstreflexion" üben. Sind Sie auf diese Idee auch durch den Film "Global Shopping Village" gekommen? Da wurde dem Business der Spiegel vorgehalten.

Schwarzenecker: Ich hatte in der Tat überlegt, die Regisseurin des Film, Ulli Gladik, einzuladen. Dann dachte ich mir aber, zwei kritische Protagonisten (Roland Düringer und Tarek Leitner, Anm.) reichen. Mit dem dritten, Professor Achammer, soll auch ein wenig betont werden, dass Shoppingcenter nicht unbedingt hässlich sei müssen, ganz im Gegenteil. Generell muss man bei diesen Kongressen immer wieder was Neues finden. Die Zahl der Vortragenden ist aber sehr begrenzt. Man nimmt also entweder die, die eh schon alle kennen. Oder man geht neue Wege, bringt Querdenker. Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt auf die Vorträge und hoffe auf eine wirklich lebhafte Podiumsdiskussion.

STANDARD: Die Branche ist mit Umbrüchen konfrontiert. Es werden kaum neue große Center gebaut, es gibt vor allem Sanierungen oder Erweiterungen. Außerdem herrscht ein Verdrängungswettbewerb: In Wolfsberg sperrt dieser Tage ein Fachmarktzentrum auf, nicht weit entfernt verliert ein anderes Mieter.

Schwarzenecker: Das passiert aber seit hundert Jahren mit Innenstädten genauso! Wir haben natürlich bei den Einkaufszentren einen gewissen Plafond erreicht. Die Boomjahre der 90er- und Nullerjahre sind vorbei. Die Einkaufszentren sind aber immer noch der Betriebstyp mit einem Plus an Fläche – auch wenn der Zuwachs geringer wird. Wir hatten früher immer etwas mehr als 100.000 Quadratmeter an neuen Flächen pro Jahr. Jetzt sind es zwischen 50.000 und 70.000. Und ja, oft in Form von Erweiterungen, sehr wenige Neubauten. Wir haben also schon eine Sättigung erreicht. Da merkt man natürlich auch, dass das Bessere der Feind des Guten ist, was Standorte, was Konzepte betrifft. Shoppingcenter holen sich jetzt nicht mehr nur die Kunden aus den Innenstädten, sondern auch von den anderen Centern. Das ist nicht nur bei uns so: Wir waren kürzlich auf Exkursion in England. In Birmingham gibt es seit 2003 das riesige Center Bullring, unweit davon hat 2015 mit dem Grand Central ein weiteres Center aufgesperrt, das ein wenig an Wien Mitte – The Mall erinnert. Das kleinere Pavilions direkt an der zentralen Geschäftsstraße steht dafür jetzt leer. Es wird also nicht nur in Geschäftsstraßen gewildert, sondern auch in anderen Einkaufszentren.

STANDARD: Wie lange kann der Boom bei den Fachmarktzentren noch andauern? Anders gefragt: Sind Einkaufszentren in Innenstädten noch leichter möglich?

Schwarzenecker: Nein, denn auch hier haben Entwickler mit großen Problemen zu kämpfen. Bei der Weberzeile in Ried gab es schon vor Jahren einen Volksentscheid, ob sie bei der Messe gebaut werden soll oder am alten Kastner-&-Öhler-Standort, wo sie sich nun befindet. Das war also schon vorher ein Handelsstandort. Trotzdem gab es eine lange Diskussion, und es war mehr als schwierig, dieses Einkaufszentrum in die Innenstadt zu bringen. Mit den Wiener Kometgründen beschäftigt sich gerade der OGH. Und in der Klagenfurter City wollte ein Bekleidungshaus ein Geschäft eröffnen, also kein Center, nur ein Bekleidungshaus. Eine österreichische Firma! Selbst das wollte man nicht. Da steuert man langsam in Richtung Planwirtschaft.

STANDARD: In Pettenbach (OÖ) ist wiederum seit drei Jahren ein Fachmarktzentrum gewünscht, sogar von der Bevölkerung, aber es finden sich keine Mieter.

Schwarzenecker: Ja, wir sind mit der Marktabdeckung schon weit vorangeschritten. Ohne das konkrete Projekt zu kennen, ist es bei manchen Projekten möglich, dass das Einzugsgebiet ein weiteres Fachmarktzentrum nicht mehr rechtfertigt. Dass in den letzten Jahren so viel mehr Fachmarktzentren entwickelt wurden als Einkaufszentren, liegt am geringeren Risiko: Die Entwicklung kostet weniger – denn man hat beispielsweise keine überdachte Mall, keine Rolltreppen, keine Tiefgarage -, und deswegen kann man niedrigere Mieten anbieten. Ich möchte die Entwicklung auch nicht immer politisch sehen. In Wirklichkeit steht am Ende immer der Kunde im Fokus. Wenn den Kunden ein bestimmtes Center nicht ansprechen würde, dann gäbe es das nicht mehr. So einfach ist das. Und das Kundenverhalten verhält sich teilweise diametral zum politischen Willen. Wenn es regnet, geht keiner in der Innenstadt einkaufen. Da fährt jeder mit dem Auto ins Fachmarktzentrum an die Peripherie, wo er einen Parkplatz findet, erledigt seine Geschäfte und fährt wieder trocken nach Hause. Die Öffentlichkeit lügt sich da teilweise selbst an. Die Leute gehen nur dann gerne in der Innenstadt shoppen, wenn das Wetter passt. 20 Grad – es darf nicht zu heiß sein und auch nicht zu kalt. Einkaufszentrendeveloper beschäftigen sich sehr genau mit dem Kundenverhalten. Warum gibt es 10.000 Gratisparkplätze bei der SCS? Weil ihnen der Kunde wichtig ist. Innenstädte verlieren solche Kundenschichten, die auf gewisse Vorzüge – wie Parkplätze – reflektieren, dann eben. Paradox wird es, wenn man verlangt, dass auch Einkaufszentren ihren Parkraum bewirtschaften sollen, damit die City den Standortnachteil, den sie sich selbst verschafft hat, kompensiert.

STANDARD: Abschließend noch zum Thema Sicherheit. In einem Münchner Einkaufszentrum gab es kürzlich einen Amoklauf. Müssen Centerbetreiber reagieren?

Schwarzenecker: Sie sind jedenfalls sensibilisiert für das Thema. Ein Kollege hält dazu Seminare ab und berichtet von großem Interesse. Ich glaube, wir werden mit dem Thema leben müssen. In der Türkei geht man bei fast jedem Center durch eine Sicherheitsschleuse. Die Kleinkriminalität – Taschendiebstähle etc. – ist aber auch eine stetige Herausforderung. (10.9.2016)