Ein Höhepunkt im Keller der "Post City" beim Ars-Electronica-Festival: Thom Kublis Installation "Black Hole Horizon".

Thom Kubli

Linz – Neues Leben ist ins aufgelassene Paketverteilerzentrum unweit des Linzer Hauptbahnhofs eingekehrt: Ein wurmartiger Roboter schlägt Purzelbäume; einer seiner großen, einarmigen Kollegen schneidet Skulpturen aus riesigen Styroporblöcken. In der Tiefe des Kellers spinnen sich indessen Kristalle in Reagenzgläsern zu betörend anzuschauenden Strukturen fort.

Dahinter stecken die "Alchemisten unserer Zeit", die anlässlich des Ars Electronica Festivals 2016 angereist sind, um noch bis Montag Einblicke in ihre Forschungen zu geben. Gemeint sind mit diesem Begriff all jene Künstler, Forscher, Hacker, die sich mit unserer technologischen Zukunft beschäftigen: mit Robotern und Virtual-Reality-Brillen, Drohnen, aber auch Biotechnologien. Unter das Motto "Radical Atoms" stellte man das Festival als Ganzes, verweisend auf ein höchst wandelbares Material, aus dem die Zukunft gemacht sein soll. So weit, so gut.

Buntes Gipfeltreffen der Nerds

Abseits der Begriffszauberei bleibt "die Ars" nicht zuletzt eins: ein buntes Gipfeltreffen der Nerds und Träumer, die sich freundlicherweise um die Welt von morgen scheren, festen Glaubens an das Gute in Mensch und Maschine. Und gleich geblieben ist auch der prallgefüllte Timetable, der einem von vornherein klarmacht, dass man am Ende kaum alles gesehen haben wird. Eh auch keine schlechte Lektion für die Zukunft.

Einen guten Start bietet jedenfalls die "Postcity", wie das ehemalige Postverteilerzentrum als Hotspot des Festivals genannt wird. Inmitten obsoleter Paketrutschen und Förderbänder, in Hallen und Büroräumen wirft man Blicke auf Mode, Design, Architektur der Zukunft – und stellt sich die Frage, ob es eigentlich etwas gibt, was man nicht 3D-drucken kann. Dazwischen begegnet man – Josef Hader, es ist soweit! – robotisierten Topfpflanzen beim Spazierengehen.

Als die Pflanzen gehen lernten: die "Phytowalker" von Junichi Yamaoka und Yasuaki Kakehi.
Foto: Junichi Yamaoka / Yasuaki Kakehi

Das meiste ist schön, vieles gescheit, aus manchem wird man nicht schlau. Etwa aus der Performance zweier futuristischer "Ritter", die marionettenähnlich an eine Maschine angehängt sind, aus der sie per Seilzug beunruhigende Geräusche locken. Angeblich kann diese Performance dazu führen, dass man über das eigene Verhältnis zur Welt nachdenkt.

Gar unzweideutig dem Konzept nach, jedoch faszinierend in der Ausführung ist dagegen die Performance Roboaction(s) A1 K1 von Dragan Ilic: Der Künstler schnallt sich auf einen monströsen Roboterarm und lässt sich von diesem vor einer Leinwand herumwirbeln – auch kopfüber. Er ist gleichsam der Pinsel der Maschine, malt, ihr ausgeliefert, ein Bild. Gestellt ist hier etwa die Frage nach künstlerischer Autonomie. Besonderer Reiz rührt aber von der kräftezehrenden Körperlichkeit dieser auch kafkaesken Performance her.

Mensch und Maschine malen gemeinsam ein Bild: Dragan Ilics "Roboaction(s) A1 K1".
Foto: Florian Voggeneder

Nicht versäumen sollte man den Abstieg in den Keller, der 2016 erstmals bespielt wird – mit großem atmosphärischem Gewinn. Ein klares Highlight ist dort Thom Kublis Installation Black Hole Horizon: Aus drei Schalltrichtern kommen, gemeinsam mit groben Tönen, feine Seifenblasen. Man kann sich freilich, wie der Beipacktext zur Installation vorschlägt, denken, dass hier Schall in Objekte verwandelt werde. Oder einfach nur dem ewigen Tönen, Schweben und Zerplatzen zuschauen. Sehr meditativ. (Roman Gerold, 10.9.2016)