Strom ist Strom ist Strom. Die für Bau und Betrieb des Schienennetzes in Österreich zuständige ÖBB-Infrastruktur wurde zur Rückzahlung zu viel bezahlter Entgelte an diverse Privatbahnen und natürlich auch ihre Konzernschwester ÖBB-Personenverkehr AG verdonnert.

Foto: APA / Neubauer

Wien – Die Stromliberalisierung ist nun endgültig auch in der Bahn angekommen. In einem unter Verschluss gehaltenen Bescheid der Schienen Control von Mitte Juni wurden die Tarife für Bahnstrom, die Benutzer des Schienennetzes an den ÖBB-Teilkonzern ÖBB-Infrastruktur zahlen müssen, für nichtig erklärt. Die für Bau und Betrieb des Schienennetzes in Österreich zuständige ÖBB-Infrastruktur wurde zur Rückzahlung zu viel bezahlter Entgelte an diverse Privatbahnen und natürlich auch ihre Konzernschwester ÖBB-Personenverkehr AG verdonnert.

Die Begründung: Die ÖBB verrechne höhere Kosten für die Stromdurchleitung und die Nutzung der Umformer, als bei der Umwandlung des elektrischen Stromes von 50 Hertz auf die bei der Bahn eingesetzten 16,7 Hz anfallen. Auch die in Rechnung gestellten Netzkosten seien höher als der tatsächliche Aufwand, weil Kosten aus der Stromproduktion und überhöhte Kapitalkosten aufgeschlagen würden.

Zweistelliger Millionenbetrag

Die ÖBB bestätigte auf Anfrage des STANDARD den Erhalt des Teilbescheids für das Jahr 2016. Darin sei festgehalten, dass die ÖBB-Infrastruktur im ersten Halbjahr 2016 einen zweistelligen Millionenbetrag an die von den ÖBB-Kraftwerken Strom beziehenden Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) zurückzahlen muss, sagt ÖBB-Sprecher Michael Braun.

Abfinden will sich die Staatsbahn mit dem Spruch des Schienenregulators nicht. Sie bekämpft den Bescheid beim Bundesverwaltungsgerichtshof – ebenso wie Kontrahent Westbahn, der sich dem von Amts wegen geführten Verfahren angeschlossen hat. "Aus unserer Sicht werden Kosten, die wir tatsächlich haben und die uns zum Beispiel aus Vorsorge- und Sicherheitsmaßnahmen haben, nicht anerkannt", führt Braun als Gründe für den Widerspruch an. Schließlich seien der Bahn Pflichten wie "Schwarzstart-Fähigkeit" auferlegt.

Unabhängigkeit vom öffentlichen Netz

Selbiges bedeutet, dass die ÖBB-Kraftwerke auch dann neu gestartet werden können müssen, wenn das öffentliche Stromnetz total ausfällt. Allein für technische Anlagen wie diese entstünden Kosten von rund einem Viertel des umstrittenen Betrags. Sicherheit im Eisenbahnbetrieb auch im Störungsfall habe höchste Priorität bei der ÖBB. Sonst würden bei einem Blackout Züge mit hunderten Menschen an Bord viele Stunden lang auf offener Strecke ohne jede Versorgung warten müssen, bis Strom für die Weiterfahrt da ist.

Beim Bundesverwaltungsgericht liegt freilich nur der erste Teilbescheid. Deutlich teurer dürften die Staatsbahn weitere Anordnungen zu Rückzahlungen kommen, denn die Schienen Control hat noch mindestens einen weiteren Bescheid für die Jahre 2012 bis 2015 in der Pipeline. Auch dabei geht es um die Höhe der Durchleitungstarife, im Wesentlichen also um mögliche Rückzahlungen an die sogenannten Privatbahnen.

"Peanuts"

Gemessen an Milliardenumsätzen und öffentlichen Zahlungen für Bau und Erhalt der Bahninfrastruktur sowie Personenzugverbindungen handelt es sich bei den Strompreisrückzahlungen um Peanuts. Auf Dauer fehlen der ÖBB-Infra dadurch aber wichtige Einnahmen, zumal von der Preisreduktion ihr größter Kunde, die Konzernschwester ÖBB-Personenverkehr profitiert.

Wie diese Löcher gestopft werden, darum wird sich eine neue Präsidentin kümmern: Laut Bahn-Insidern wird die ÖBB-Holding-Präsidentin Brigitte Ederer künftig nämlich auch den ÖBB-Infrastruktur-Aufsichtsrat präsidieren. Themen wie diese werden am Montag in der außerordentlichen Holding-Aufsichtsratssitzung diskutiert. (Luise Ungerboeck, 10.9.2016)