Neubrandenburg – In Deutschland versucht das Landgericht Neubrandenburg heute, Montag, zum dritten Mal, den Prozess gegen einen Ex-SS-Mann zu eröffnen. Dem 95-Jährigen wird Beihilfe zum Mord in 3.681 Fällen vorgeworfen. Er war im Sommer 1944 zur Sanitätsstaffel der SS im NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau abkommandiert. Der Angeklagte erschien im Februar und März aus Gesundheitsgründen nicht vor Gericht.

Das Gericht hatte daraufhin eine gründliche Untersuchung des ehemaligen Landarbeiters aus einem Dorf in der Nähe von Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) angeordnet, um dessen Verhandlungsfähigkeit festzustellen. Auch jetzt wird er vor Verhandlungsbeginn noch einmal untersucht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, während seines Einsatzes im KZ Auschwitz-Birkenau gewusst zu haben, dass dort Menschen systematisch und industriell getötet wurden.

Dagegen muss sich in einem parallelen Verfahren in Kiel eine 92-jährige ehemalige SS-Funkerin nicht mehr vor Gericht verantworten. Ihr wurde Beihilfe zur Ermordung von mehr als 260.000 Juden im KZ Auschwitz vorgeworfen. Die zuständige Kammer lehne die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen dauerhafter Verhandlungsunfähigkeit der Frau ab, teilte die Gerichtspressestelle mit. Die 92-Jährige sei nahezu blind und fast taub und nach einer schweren internistischen Erkrankung Anfang des Jahres "in ihrer körperlichen, geistigen und psychischen Leistungsfähigkeit hochgradig eingeschränkt".

Zuletzt waren in Lüneburg und Detmold zwei SS-Männer aus Auschwitz zu vier beziehungsweise fünf Jahren Haft verurteilt worden. Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig. (APA, 11.9.2016)