Apple dürfte sich für das Post-Smartphone-Zeitalter rüsten. Im Zentrum der Strategie: Drahtloskopfhörer und Siri.

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Mit der Vorstellung des iPhone 7 wurde offiziell bestätigt, was unter Insidern schon eine Weile als ausgemachte Sache galt. Das neue Apple-Smartphone kommt nicht nur mit dem üblichen Prozessor-Upgrade und verbesserter Kamera, sondern entledigt sich auch der 3,5mm-Audioport. Die AUX-Klinke hat die Welt der Computer und Elektronik seit Jahrzehnten begleitet und war auch bislang auf fast jedem Smartphone zu finden.

Ihr Abschied vom iPhone markiert einen großen Schritt. Wenngleich auch zwei andere Highend-Smartphones – das LeEco Le 2 und das Lenovo Moto Z – den Anschluss heuer schon eingespart haben, ist das iPhone letztlich immer noch das meistverkaufteste Smartphone-Modell weltweit.

Kritik, Spott und ein möglicher Masterplan

Der Schritt sorgte für viel Kritik, allerlei Parodien und süffisante Seitenhiebe der Konkurrenz, zumal Apple sich auf der Keynote selber für seine "Courage" lobte, sich veralteter Technologie zu entledigen. Viele vermuten, dass es dem kalifornischen Konzern darum geht, künftig mit Lizenzierungsgebühren für Kopfhörer mit Lightning-Anschluss eine weitere Einkommensquelle zu erschließen.

Doch das Aus für die Klinke könnte viel langfristigere Gründe haben, schreibt Business Insider. Möglicherweise bringt sich Apple in Stellung für eine Technikwelt nach den Smartphones.

Siri statt Bildschirm

Zu beachten gilt es dabei, dass Apple nicht nur den Kopfhörerstecker abgeschafft hat, sondern selbst auch neue Drahtlos-Ohrhörer anbietet. Die "Airpods" lassen sich zwar prinzipiell mit jedem Bluetooth-fähigen Gerät verwenden, bringen aber einen eigenen Chip mit, der besonders einfache Zusammenarbeit mit Apple-eigenen Geräten verspricht, sofern diese wenigstens mit iOS 10 oder macOS "Sierra" laufen.

Gleichzeitig hat man die Kapazitäten der Sprachassistentin Siri ein weiteres Mal erweitert. Über die Airpods werden viele Apps via Siri steuerbar, ohne dass der Nutzer dafür das Handy aus der Hosentasche nehmen muss. Dabei sind sie komfortabler als normale Hörer, weil sie kein Kabel haben. Aufgrund der versprochenen schnellen Verbindung zu anderen Apple-Devices sollen Nutzer "fliegende Wechsel" vollziehen können. Und es wäre auch nicht verwunderlich, würde Apple TV künftig ebenfalls Airpod-tauglich werden.

Mehr Komfort für den "goldenen Käfig"

Damit schlägt Apple zwei Fliegen mit einer Klappe: Man schafft ein weiteres Gerät, das die Kunden dazu verleitet, den eigenen Produkten treu zu bleiben. Und man ermöglicht deren Verwendung, ohne dafür die ganze Zeit auf ein Display schauen zu müssen.

Die Airpods sind damit Apples erste Schritt ins Zeitalter der ubiquitären, also omnipräsenten, aber weitestgehend unsichtbaren Computer. Ein Weg, wie ihn etwa auch Amazon mit seiner Sprachassistentin Alexa und dem Lautsprecher Echo bereits eingeschlagen hat.

Hürden

Apples mögliches Ziel: Dass man die Airpods den ganzen Tag verwendet. Bis dahin muss der Konzern allerdings noch einige Hürden nehmen. Da wäre etwa die Nutzerfreundlichkeit von Siri. Analyst Ben Thompson bescheinigt Apple große Vorteile in Sachen Nutzererfahrung, wenn es um die physische Verwendung seiner Geräte geht. Bei servicebasierten Angeboten wie Siri hat man jedoch Nachholbedarf.

Und auch die Technologie an sich muss besser werden. So wird die Akkulaufzeit der Airpods mit fünf Stunden angegeben. Für derart kleine Geräte eine durchaus beachtliche Ausdauer, aber noch viel zu wenig, um den Nutzern Drahtlosanbindung als "Standard" schmackhaft machen zu können. (gpi, 15.10.2016)