Zürich – Was genau vor rund vier Milliarden Jahren in der Ursuppe passierte, als sich die ersten Bausteine des Lebens bildeten, ist unbekannt. Aber zumindest eine Idee über die Wahrscheinlichkeit von bestimmten chemischen Reaktionen können Forscher heute ermitteln. Nun berichten Wissenschafter der ETH Zürich im Fachblatt "Angewandte Chemie", dass sich im Labor aus kleineren Molekülen relativ einfach größere, proteinähnliche Strukturen bilden, sogenannte Amyloide.

Das Team um Roland Riek und Jason Greenwald stellte für das Experiment Bedingungen her, wie sie für die frühe Erde angenommen werden. Sie mischten – sehr langsam – einfache Moleküle, die es damals wohl bereits gab: die vier einfachen Aminosäuren Glycin, Alanin, Asparaginsäure und Valin. Außerdem fügten sie als chemischen Katalysator ein vulkanisches Gas namens Carbonylsulfid hinzu, wie die ETH mitteilte.

Im Reaktionsgefäß verbanden sich die Aminosäuren daraufhin zu kurzen Ketten von fünf bis 14 Aminosäuren. Diese kurzen Ketten, auch Peptide genannt, lagerten sich zu Tausenden seitlich aneinander und bildeten so Amyloid-Fasern, wie die Wissenschafter unter dem Elektronenmikroskop beobachteten. Es wäre möglich, dass ähnliche Verbindungen die ersten funktionellen Moleküle des Lebens waren, so Riek und Kollegen.

Rätselhafte Ursuppe

Über die ersten Bausteine des Lebens, die in der Ursuppe entstanden, gibt es diverse Theorien. Klar ist: Die ersten Strukturen mussten dazu in der Lage sein, sich selbst zu vervielfältigen. Ob das für Amyloid der Fall ist, ist bisher unklar. Die ETH-Forscher arbeiten daher am experimentellen Nachweis für die Fähigkeit von Amyloid, sich selbst zu kopieren, um diese Lücke in der Theorie zu schließen.

Einer beliebten Theorie zufolge bestanden die ersten Bausteine des Lebens aus RNA. Da diese RNA-Moleküle aber relativ groß sein mussten, um biologische Funktionen zu erfüllen, vermuten Riek und Kollegen, dass Amyloide als erste Lebensbausteine wahrscheinlicher sind.

Die RNA-Moleküle "sind so groß, dass es unwahrscheinlich ist, dass sie spontan entstehen konnten", sagte Greenwald. "Bei Amyloiden sind chemische Funktionen bereits bei sehr viel einfacheren Strukturen gezeigt worden." Amyloide seien außerdem robuster als RNA bei harschen Bedingungen. (APA, 12. 9. 2016)