Neuer Parteichef Andrej Plenković: Niemand hatte der HDZ einen derartigen Erfolg vorausgesagt.

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Zagreb/Sarajevo – Er wirkte selbst überrascht, dass er so gut bei den Kroaten ankommt. Der Chef der Kroatischen Demokratischen Union (HDZ), Andrej Plenković, ist aber keiner, der angesichts des deutlichen Wahlsiegs in Jubelstürme ausbricht. Er meinte nur: "Ich denke, wir haben es geschafft, eine neue Kultur des Dialogs einzuführen." Der Mann, der erst seit Mitte Juli die konservative HDZ führt, blieb sogar im Sieg moderat.

Und den "Dialog" braucht er nicht mehr wirklich zu suchen. In Zagreb rechnet man damit, dass er bald eine Koalition mit der Reformpartei Most, die 13 Mandate errungen hat, bilden wird. Die HDZ konnte – auch mithilfe der Diaspora-Kroaten – 61 der 151 Mandate im kroatischen Parlament, dem Sabor, gewinnen. Keine Umfrage hat der Partei, die durch ihren Exchef Tomislav Karamarko in eine schwere Krise geschlittert war, einen solchen Erfolg vorausgesagt.

Geringe Wahlbeteiligung

Das gute Abschneiden der HDZ hat wohl auch damit zu tun, dass die Wahlbeteiligung so gering war – nur 52,45 Prozent der Wahlberechtigten gingen zu den Urnen. Das nützte auch der bankenkritischen Partei Živi zid (Lebende Wand), die acht Mandatare in den Sabor entsenden wird. Sie profitierte wohl auch vom nationalistischen Kurs des Chefs der Sozialdemokraten (SDP), Zoran Milanović, der offenbar dadurch eigene Wähler verjagte. Milanović, der mit seiner Wahlkoalition nur 54 Abgeordnetensitze erringen konnte, gilt bereits als politisch tot.

Er hatte im Wahlkampf nicht nur die Nachbarstaaten beschimpft, sondern hatte auch nicht mit Untergriffen gegen Plenković gespart. Plenković hat offensichtlich in der Gegenrolle des "seriösen Staatsmanns" mehr überzeugt. Er hat es jetzt ziemlich leicht, Mehrheiten zu finden. Er braucht nicht einmal unbedingt die Partei Most dazu.

Minderheiten

Die Vertreter der Minderheiten (acht Mandatare im Sabor) haben bereits signalisiert, Interesse an einer Zusammenarbeit mit der HDZ unter Plenković zu haben – insbesondere auch die Vertreter der serbischen Minderheit. Plenković geht mit diesen Wählern achtsam um. So sprach er bei seiner Siegesrede nicht von "den Kroaten" im Sinne einer Nationalität, sondern von kroatischen Staatsbürgern. Knapp fünf Prozent gehören der serbischen Volksgruppe an.

Eine gute Zusammenarbeit mit den Minderheiten hat auch positive Auswirkungen auf die Beziehungen zu den Nachbarn. Politikanalytiker Davor Gjenero sieht es als eine der Aufgaben der neuen Regierung an, diese wieder zu normalisieren. Insbesondere das Verhältnis zu Serbien ist angespannt, weil der kroatische Exaußenminister Miro Kovač versucht hatte, die Eröffnung neuer EU-Verhandlungskapitel mit Serbien zu blockieren.

Außenminister könnte nun Davor Bozinović werden, der als moderat gilt. Falls die Koalition mit Most wieder zustande kommt, könnte die Verwaltungsministerin Dubravka Jurlina Alibegović im Amt bleiben. Gjenero weist darauf hin, dass Most diesmal nicht so viel Verhandlungsspielraum hat, weil Plenković im Notfall auch ohne sie regieren könnte.

Most verlangt als Bedingung für eine Koalition mit ihr, dass die öffentlichen Zuschüsse für Parteien reduziert werden und Privilegien für Parlamentarier abgeschafft werden. Es geht um die Bezüge, die Parlamentarier, nachdem diese aus dem Amt geschieden sind, weiterhin bekommen – genannt "weißes Brot". Weiters verlangt Most die Einschränkung von Fischereirechten in der Adria für die Nachbarstaaten. Die Forderung gilt allerdings als nicht EU-konform und birgt Konfliktstoff.

Raus aus Defizitverfahren

Gjenero glaubt nicht, dass Most damit bei Plenković durchkommt. Dieser werde vor allem versuchen, die Staatsverschuldung zu drücken – dieses Jahr wird mit 94 Prozent gerechnet. Gleich nach dem Beitritt 2013 leitete die EU-Kommission ein Defizitverfahren ein. Plenković werde alle Forderungen der Kommission erfüllen, glaubt Gjenero. Helfen würden ihm bei der Restrukturierung der Schulden die derzeit niedrigen Zinsen für Kredite.

Weiters sollen staatliche Betriebe teilweise privatisiert oder mithilfe von Fonds refinanziert werden. Dies gilt etwa für die Autobahnmautgesellschaft. Der parteiunabhängige bisherige Finanzminister Zdravko Marić könnte die Konsolidierungspläne umsetzen und das Ministerium weiterführen. (Adelheid Wölfl, 12.9.2016)