Die Kommunikationsstränge in der Telekom Austria sind verworren, die Finanzierungsstränge auch. Ein Aufdröseln des mexikanisch-österreichischen Kabelsalates gilt als kompliziert, aber machbar.

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Wien – Eine öffentlichkeitswirksame Auflage aus dem Syndikatsvertrag hat América Móvil (Amov) im August erfüllt: Der mexikanische Großaktionär der Telekom Austria (TA) hat seinen im Zuge der Kapitalerhöhung auf knapp 60 Prozent hochgeschnellten Anteil wieder auf 338.895.000 Stück Aktien oder 51 Prozent reduziert. Nun drängt der kontrollierende Aktionär, der mit Alejandro Plater den TA-Vorstandschef stellt, auf einen Börsenrückzug.

Ein Dorn im Auge sind ihm Informationspflichten und Kosten des Listings. Da auch die Börsennotiz in dem für die Österreicher überschaubar vorteilhaften Syndikatspakt festgeschrieben ist, muss darüber mit der Republik Österreich (hält 28,4 Prozent über die Beteiligungsgesellschaft Öbib) Einvernehmen hergestellt werden. Entsprechend intensiv wird in TA-Eigentümer- und Aufsichtsratskreisen über mögliche Tauschobjekte spekuliert. Eine Herauslösung und Abspaltung der TA-Infrastruktur, also des TA-Telefon- und A1-Handynetzes schließt der für die Öbib zuständige Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) in einer parlamentarischen Anfrage der Grünen erneut aus: Eine Abspaltung der Infrastruktur der Telekom Austria AG ist demnach "nicht Gegenstand von Überlegungen".

Eine Frage der Bewertung

Das liegt mit Sicherheit auch an Bewertungsfragen und Anfechtungsklagen, die auf eine Abspaltung folgen würden. Denn Amov hätte dabei massig Bewertungsspielraum und 90 Prozent der TA-Aktionäre müssten der Abgabe des Kerngeschäfts zustimmen, was das Risiko eines solchen Deals in die Höhe treiben würde.

Bleibt also im Wesentlichen eine Alternative, wenn auch eine reichlich komplizierte, die allerdings dem Koalitionspartner SPÖ und den auf Staatseigentum bedachten Gewerkschaftern konvenieren sollte: Ein Aktientausch, bei dem die TA-Großaktionäre ihre Anteilsscheine an der (derzeit noch) börsennotierten Telekom Austria AG gegen neue A1-Aktien tauschen würden. Das Ostgeschäft, bis zur Finanz- und Wirtschaftskrise der Ertragsbringer schlechthin, würde den Mexikanern zugeschlagen.

Die Mehrheitsverhältnisse in der abgespaltenen A1 wären dann umgekehrt: Österreich würde rund ein Drittel halten, Amov etwa ein Fünftel, schildert ein mit der Materie vertrauter Insider die angedachten künftigen Größenverhältnisse. Das würde über den Daumen gepeilt die aktuellen Eigentumsverhältnisse widerspiegeln. Der große Rest bliebe dem Streubesitz, der ebenfalls tauschen müsste, beziehungsweise könnte über die Wiener Börse verkauft werden.

Kein frisches Geld für Zukäufe

Ob den Mexikanern, die in der TA gerade gewachsene Strukturen aufbrechen und die TA zu einem Konzern umbauen, um Synergien zu heben derartige Überlegungen konvenieren würden, ist offen. Die Öbib sagt dazu nichts. Man diskutiere Eigentümerfragen in Eigentümerkreisen, lässt Chefin Martha Oberndorfer ausrichten.

Angenehmer Nebeneffekt eines derartigen Deals: Die Republik Österreich müsste vorerst kein Geld in die Hand nehmen und vor allem keine Kapitalerhöhungen fürchten. Eine solche wäre notwendig, wenn das gesuchte Kaufobjekt in Ost- oder Südosteuropa gefunden ist, nach dem Amov, die auch in den Niederlanden mit einer Beteiligung präsent ist, fieberhaft Ausschau hält.

Einziger Wermutstropfen eines solchen Tauschgeschäfts: Das ebenfalls im Syndikatsvertrag festgeschriebene Headquarter mit Sitz in Wien wäre in dem Fall perdu. Stattdessen erhielte Wien allerdings das wiedererstarkte Österreich-Geschäft, das aufgrund schwachbrüstiger Märkte wie Bulgarien, Kroatien und Weißrussland aktuell rund zwei Drittel des Ergebnisses der TA-Group bringt.

Schulden aufteilen

Nicht zu unterschätzen sind auch diverse Bewertungsfragen: Denn niemand weiß genau die Höhe der Verbindlichkeiten von A1, die also dem österreichischen Festnetz- und Mobilfunkgeschäft zugeordnet werden können. Der Grund: Zukäufe, Investitionen und Anleihen wurden in der TA-Group stets über eine Finanzierungsgesellschaft aufgestellt. Bei der Zuordnung der seit dem Einstieg der Mexikaner deutlich verringerten Schulden hätte Amov ebenfalls "Gestaltungsspielraum", räumt ein TA-Aufsichtsratsmitglied ein. Unlösbar sei aber auch dieses Problem nicht.

Endliche Wachstumsperspektiven in einem hochkompetitiven Alpenland als Heimmarkt sieht man übrigens nicht als Mangel. A1 könnte Wachstum generieren – als Dienstleister für das sodann abgespaltene Amov-Ostgeschäft. (Luise Ungerboeck, 13.9.2016)