Für die 50-Prozent-Kostenteilung zwischen Bund und Stadt für die Wiener U-Bahn gebe es keine gesetzliche Regelung, kritisiert der Rechnungshof.

Foto: Wiener Linien / Johannes Zinner

Wien – Der Rechnungshof (RH) übt Kritik an der Wiener U-Bahn – konkret am traditionellen Finanzierungsmodell. Dieses besagt, dass Wien und der Bund sich die Kosten zur Hälfte teilen. Die Aufteilung ist so ziemlich das Einzige, das von den Prüfern nicht bemängelt wird. Kritisiert werden hingegen die fehlende Rechtsgrundlage, mangelnde Kontrolle und der Einsatz der Mittel, die auch in ein Verkehrsmuseum flossen.

In einem von der Austria Presse Agentur zitierten Rohbericht der Prüfer wird zunächst auf die geltende Vereinbarung ("Schienenverbundvertrag") verwiesen. Sie stammt aus dem Jahr 1979. Basis der U-Bahn-Finanzierung ist damit, so wird bemängelt, ein privatrechtliches Übereinkommen. Eine gesetzliche Regelung für die "regelmäßigen Finanzzuwendungen" existiere nicht – was eine "Umgehung der Vorschriften der Finanzverfassung" darstelle.

Sanierungskosten nicht klar getrennt

Eine "systematische inhaltliche Kontrolle" der Verwendung der Mittel sei ebenfalls nicht erfolgt. Regelungen, wie eine solche stattfinden könne, seien nicht vereinbart worden. Auch gebe es keine Vereinbarungen dazu, wie "allenfalls zu Unrecht bezogene Leistungen" zurückgefordert werden können, beanstandet der RH. Zwar gebe es inzwischen ein Lenkungsgremium, aber erst seit dem Jahr 2013.

Auch wurde laut Rechnungshof verabsäumt, Neubauinvestitionen von Instandhaltungs- und Sanierungskosten klar zu trennen. So sei etwa auch die Erhaltung der aus den 1980er-Jahren stammenden U6 mit den paktierten Zuwendungen finanziert worden, genauso wie Eröffnungsfeiern oder der nachträgliche Einbau von Videoüberwachungsanlagen. Für drei Eröffnungsfeiern von U-Bahn-Stationen seit 2008 wurden 5,34 Millionen Euro ausgegeben.

Mittel für Verkehrsmuseum verwendet

Laut dem RH-Bericht stammen auch Mittel für das neue Verkehrsmuseum der Wiener Linien aus dem Budget für die Netzerweiterung. Das frühere Straßenbahnmuseum war 2014 unter neuem Namen wiedereröffnet worden. Dem Bund und der Stadt wird hier sogar nahegelegt, sich das Geld wieder zu holen. Sie sollten mit den Wiener Linien über eine Rückerstattung der Kosten eine "einvernehmliche Vorgangsweise" vereinbaren.

Generell staunte der RH, dass eine Vereinbarung, die sich auf den Ausbau der Linien U3 und U6 bezogen hat, noch immer herangezogen wird. "Die rund 30 Jahre alte Verpflichtung zur Mitfinanzierung der U-Bahn wäre demnach künftig für weitere Projekte neu zu regeln (...)", wird in dem Bericht urgiert. Nötig wäre jedenfalls, in Zukunft eine nach "grundlegenden Positionen aufgegliederte Kostenschätzung" anzufügen, stellt der Rechnungshof fest.

Wiener Linien: 58.000 Euro für Verkehrsmuseum

Die Wiener Linien wollen einen inoffiziellen Rohbericht grundsätzlich nicht kommentieren. Klarstellen möchte man aber auf Anfrage des STANDARD , dass die bekrittelte Investition in das Verkehrsmuseum nicht Millionen, sondern 58.000 Euro betragen habe – für einen eigenen Ausstellungsbereich über die Geschichte des Wiener U-Bahn-Baus. Aus dem Büro von Öffi-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten.

Der grüne Nationalratsabgeordnete und Verkehrssprecher Georg Willi fordert, "dass die 78 Millionen Euro, die jährlich im Bundesbudget für den U-Bahn-Betrieb in Wien stehen, einer Kontrolle und einer Mitsprache des Bundes unterworfen werden". Derzeit dürfe der Bund, also alle österreichischen Steuerzahler, "zahlen, aber fast nicht mitreden".

ÖVP und Neos kritisieren Rot-Grün

Der Klubobmann der Wiener ÖVP, Manfred Juraczka, spricht von "Schlamperei und Misswirtschaft seitens Rot-Grün", die 50:50-Vereinbarung mit dem Bund drohe zu kippen. Bettina Emmerling, Verkehrssprecherin der Neos, verlangt eine Reform der Grundlagen für die Öffi-Finanzierung. Sie will, dass Bundesmittel auch für den Ausbau von Straßenbahn- und S-Bahn-Linien verwendet werden können. (red, APA, 14.9.2016)